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Die Norodaj und die Seedrachen

A

m folgenden Tage trieb kalter Wind einen nicht enden wollenden Regen vor sich her. Der Kampf gegen die Widrigkeiten des Wetters ließ uns alles andere vergessen. Man kann nur staunen welch edle Gewürze, wertvolle Stoffe oder kostbare Juwelen die Händler meiner Karawane so weit im Norden suchten. Zweifellos wussten sie genau wo sie einen Gewinn herausschlagen konnten. Am Abend drängten wir uns um unser Lagerfeuer, das uns Wärme spendete, und lauschten einer Geschichte über dieses scheinbar verlassene Land.

In der eisigen Tundra des Nordens, die sich hinter dem Aramon-Gebirge erstreckte, trafen die Orks der Waraxe und Howling Wolf Clans auf die Norodaj. Nach den geheimnisvollen Elfen und verschwunden Zwergen schien dieses raue Seefahrervolk, das, wie die Orks, in Fell und Leder gekleidet mit Speeren und Äxten jagte, ihnen ähnlich erschien. Sie kämpften, schrien und starben wie man erwarten konnte. Die Orks zogen die Küste entlang und brandschatzten mit wachsender Zuversicht ein Dorf nach dem Anderen.

Gewarnt durch Berichte über die Tod und Zerstörung bringenden Orks sammelten sich einige Norodaj Clans auf einer Inselkette, die eine wunderschöne Bucht vor den Unruhen des offenen Meeres abschirmte. Unbeeindruckt plünderten die Orks die Küste, warfen verbrannten Hausrat und Gefangene in die See. Sie nahmen wohl wahr, dass die Norodaj sie unverwandt beobachteten. Doch angestachelt von Blut und Zerstörungswut vermochten sie nicht erkennen, dass in den Augen der stoisch zuschauenden Männer, Frauen und Kinder keine Angst sondern Zuversicht lag.

Es war kein Zufall, dass die Norodaj gerade diesen Ort als Zuflucht gewählt hatten. Nur sie wussten, welche anderen Wesen in diesen geschützten Wassern mit seinen reichen Fischgründen hausten. Seit Menschengedenken lebten hier Norodaj und Echsenmenschen in Harmonie zusammen. Vereint in ihrem Glauben an Tanora hielten beide die Bucht als heiliges Wasser der Göttin in Ehren.

Gelbe Augen verfolgten aufmerksam das Treiben am Ufer und warteten auf das Signal für den Angriff. Ohne jede Vorwarnung schossen furchtlose Echsenkrieger aus dem Wasser. Ihr Kriegsschrei „Ehre der Göttin!“ war das letzte, was mancher Ork hörte, bevor er auch nur zu einer Waffe greifen konnte und tot zusammenbrach. In der Bucht gab es einen Eingang in einen verlassenen Tempel, der Zelphia geweiht war. Die Tempelkrieger verteidigten die heiligen Wasser gegen die in ihren Augen blasphemischen Orks mit aller Härte. Die Sonne spiegelte sich im Wasser, auf den Schuppen und mächtigen Rüstungen der hoch aufgerichtet angreifenden Echsen, ein Anblick, der für die Orks völlig ungewohnt war. Voller Furcht flohen die wenigen überlebenden Orks. Viele ihrer Geschichten berichten heute noch von brüllenden Seedrachen, die aus dem Meer kamen.

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