Geburtstag

[Banduk]

Eigentlich sollte man im Mittwinter nicht verreisen. Eiszapfen wachsen an den Tauen und die Finger werden verdammt schnell kalt. Sicher, Waren werden weiterhin verschifft, aber diesmal gehe auch ich, in dicke Pelze gehüllt, mit an Bord. Das würde für sich allein kein Grund für irgendwelche Gerüchte in den Hafenkneipen geben, wenn ich nicht diesmal von meiner Frau begleitet würde.
Die Matrosen sind, wie üblich abergläubisch, nehmen aber die Anwesenheit eine Magierin vorsichtshalber als ein gutes Omen.

Kaum dass die Sonne das erste Mal untergeht kratzt es an unserer Kabinentür. Wir wollten es uns grade in den Fellen gemütlich machen. Wirklich Gefahr droht uns nicht, woher auch, kein Sturm in Sicht, der Kapitän ist fähig und das Schiff, nun es gehört mehr oder weniger uns. Also brumme ich ‚herein’ während ich aus den Augenwinkeln noch sehe, wie Lia eine halbe Rune in die Luft zeichnet.

Hätte ich meinen Blick nach weiter oben gerichtet, ich hätte über den Schiffsjungen hinweggesehen der sich zitternd in die Kammer schleicht.
Was dann kam, war wirklich zum Schmunzeln. Der Junge, ansonsten nicht auf den Mund gefallen, stammelte uns etwas vor, so dass wir mehr raten als verstehen konnten. Lia und ich waren uns nach mehreren Interpretationsversuchen einig, dass er wohl von der Mannschaft auserkoren und vorgeschickt wurde, um für etwas magische Wärme im Mannschaftsquartier zu bitten.
Nun warum nicht, Magie ist auch für etwas gut.

Am nächsten Morgen stand, wie von Zauberhand, ein frischer gebratener Schwertfisch auf dem Tisch.

[Banduk]

Reisen über Land sind im Winter einfacher, vorausgesetzt man hat Schlitten.
Die Geschäfte in Falmarha haben wir im Eiltempo abgewickelt und bereits am Morgen nachdem unser Schiff am Kai festgemacht hat, fahren unsere 4 Schlitten beladen ins Innland, begleitet von Lia, weiter.

Ja, die Gerüchteküche hat wieder einmal recht und unrecht. Handel ist nicht der einzige und auch nicht der wichtigste Grund unserer Reise. Tatsächlich ist es nur Tarnung. Aber wir werden niemanden ins Vertrauen ziehen, denn heute und hier geht es um viel, viel mehr.
Und da kam der Streit, den wir heute früh wegen der Beladung der Schlitten und einer Verzögerung ob einiger noch notwendiger Unterschriften eigentlich unbeabsichtigt losgetreten haben, sogar fast wie geplant.

Wie gesagt fast, denn die 3 Stunden Vorsprung von Lia wieder aufzuholen war hart für die Pferde und unsere Hintern. Zum Glück wurde es mein wichtigstes Gepäckstück, ein längliches Paket, das aus der Sattelfasche herausschaut, nicht in Mitleidenschaft gezoge

[Banduk]

Wir sind inzwischen nur noch zu zweit mit leichtem Gepäck unterwegs. Wie es dazu kam? Nun gut ein Gaunerstück, in dem ein anzüglich grinsender Vermieter einer einsamen Waldhütte, einige Silber, eine verliebt dreinschauende Elfe in den Armen eines Mannes und ein magisches Portal ein eine Rolle spielen.
Wir hätten dort sicher ein paar schöne Tage verbringen können, aber dafür fehlt uns jemand.
Unser Gepäck beinhaltet nun wirklich nur noch das, was wichtig ist, unsere Bekleidung, etwas Essen und Geld und das Geburtstagsgeschenk ihrer Eltern für Anteru. Der schönste Spielzeug Zauberstab, den ich je gesehen habe. Mit einem großen roten Glasrubin. Nicht magisch aufgeladen aber doch von großer Bedeutung.

Ja meine Frau ist attraktiv, auch wenn bei gewissem Gesindel etwas weniger Aufmerksamkeit dem Reisen zuträglicher wäre.
2 mäßig ernährte und gekleidete Gestalten waren der Meinung, dass unsere warme Kleidung und die Pferde ihnen zustehen würden. Den Rest ihrer dreckigen Forderungen will ich gar nicht erst beschreiben.
Beim letzten Überfall hat mich Anteru rausgehauen, was im Endeffekt zu ihrer Verbannung führte. Diesmal weiß ich Lia hinter mir, eine Magierin, die ihr Handwerk versteht. Also halte ich mir die Kerle nur vom Leibe und von Lia weg.
Es kann nicht lange gedauert haben, auch wenn mir der Kampf lange vorkam. Diese Kerle wussten durchaus, wo man ein Schwert anfasst. Ich nehme mal an, Lia hat nicht zugeschaut sondern sich irgendwie vorbereitet. Dann ging es ganz schnell und beide kamen nicht einmal mehr dazu, die Beine in die Hände zu nehmen. Wenn es kalt ist, führen magische Eisbälle recht schnell zur Bewegungsunfähigkeit.
Wir haben uns nicht weiter aufgehalten.

[Banduk]

Eine gespannte Erwartung liegt in unseren Gesprächen, oder besser in unserem Schweigen. Unsere Tochter muss seit Monaten von uns getrennt und von vertrauenswürdigen Personen geschützt im Geheimen leben. Die Informationen, die wir bekommen sind bestenfalls aus dritter Hand.
Geht es ihr wirklich gut? Wie wird sie aussehen? Wird sie uns wiedererkennen?
Oder ist ihr gar etwas passiert?
Lia kann ja Anteru noch irgendwie magisch spüren, aber was heißt das schon.
Musste unsere Tochter ihre magischen Fähigkeiten schon so früh offenbaren? Sie könnte jetzt zu Hause vor dem Kamin sitzen und spielen während unsere einzige Sorge vielleicht eine Beule wäre, die sie sich beim Hinfallen zugezogen hat.
Stattdessen reiten wir auf einem erschöpften Pferd durch den Schnee, halten uns wortlos aneinander fest und frieren nicht nur ob der Kälte, denn in wenigen Meilen werden wir jemanden treffen, der uns Gewissheit bringen wird.

[Banduk]

Ich habe die Nacht nicht viel geschlafen und ich glaube Lia auch nicht. Unser Töchterchen durfte bei uns im Bett schlafen und hatte die ganze Nacht ihre Puppe und den Spielzeugstab im Arm und einen Daumen im Mund. Sie hat geschlafen, während wir uns immer wieder vergewissert haben, dass sie noch da ist. Nun ist sie putzmunter und versucht den Hofhund, der es sich vor dem Feuer bequem gemacht hat mit ihrem Spielzeugzauberstab zu beeindrucken. Wir sitzen müde daneben und schauen einfach nur glücklich zu.

Schöne glückliche Tage waren es, aber nun sind wir auf dem Heimweg.
Wir reiten nebeneinander, beide in Gedanken versunken.
Es wird hart bleiben. Mit jedem Tag, den Anteru unentdeckt bleibt, wird ihre Leben und ihre Begabung sicherer und wenn sie in nicht allzu ferner Zukunft erstmalig Magie bewusst meistert, werden wir die Isolation aufheben können und sie häufiger sehen. Aber bis dahin werden noch Monate, wenn nicht gar Jahre vergehen.
Bis dahin müssen wir alles zu ihrem Schutz tun, und dürfen die Pfade hierher nicht austreten. Auch Nachrichten wird es weiterhin nur spärlich geben. Nicht einmal eine Locke ihres Haares haben wir mitgenommen. Einzig die Erinnerungen in unseren Köpfen kann uns niemand nehmen. Sie wird noch immer gesucht, und was passiert, wenn die falschen Leute sie entdecken, möchten wir uns nicht vorstellen müssen.
Möge die Welt trauern, uns bemitleiden oder verfluchen! Wir wissen es besser und werden schweigen, wie ein Grab, das es hoffentlich niemals geben wird.