Der Kerkermeister

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Hagen von Rabenfeld
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Joined: Wed Apr 23, 2003 7:04 pm

Der Kerkermeister

Post by Hagen von Rabenfeld »

Kalt waren die Tage und Nächte, die der ergraute Balesh in dem dunklen Gemäuer zu verbringen hatte. Viele Jahre waren ins Land gezogen, seit er als Soldat auf dem Festland gedient hatte, doch nach der Thronbesteigung des jungen Prinzen war kein Platz mehr für einen Veteranen mit einem steifen Bein. Er war froh, hier auf der Insel einen Platz gefunden zu haben, trotz seiner Gebrechen noch eine sinnvolle Aufgabe wahrnehmen zu können. Den einfachen Wollmantel eng um die Schultern geschlungen, trat er vor die Tür des wuchtigen Gebäudes, ihm war danach den Himmel zu erblicken, so grau und trist er auch in diesen Wintermonaten sein mochte.

Während er in der windigen Kälte stand und seinen Blick schweifen lies, erblickte Balesh eine Gestalt sich dem Kerker nähernd. Schon aus der Ferne konnte er den blauen Umhang der Stadtgarde erkennen und die dunklen Züge des Gerüsteten machten klar, dass es sich um den Hauptmann handelte. Wieder einmal fiel dem betagten Mann auf, wie ungewöhnlich die Hautfarbe des Soldaten war, in diesen Breiten gab es sonst niemanden, der ähnlich dunkle Haut hatte. Wie wenig er doch über den, immerzu grimmig dreinblickenden, Mann wußte, nie hatte er seine Herkunft erwähnt. In den vier Jahren, die ihn Balesh nun kannte, hatte er diesen Mann zu respektieren gelernt, seine Taten kannte einjeder auf der Insel und doch war er nie "warm" mit ihm geworden, wie man das zu nennen pflegte. Auch wenn er niemals Unhöflihkeit an den Tag legte und auch um das Wohl seiner Untergeben bemüht schien, es verblieb eine Distanziertheit und obwohl Balesh ziemlich sicher war, dass ihn der Hauptmann mochte, so hatte er doch niemals eine Bestätigung seiner Vermutung in den harten Gesichtszügen erkennen können.



Mit eben diesem harten Blick musterte ihn der Hauptmann, als er vor ihn trat und ihm grüßend zunickte. Einen Gefangenen hatte er wohl nicht bei sich und so richtete er das Wort an ihn:


Seid gegrüßt, Hauptmann von Rabenfeld. Was führt euch zu mir, wollt ihr den gefangenen Elben befragen, der von Sinnen ist?

Hagen schüttelte den Kopf und an der knappen Gestik erkannte Balesh, dass es hier wohl um etwas Ernsteres, als um die üblichen Kontrollgänge der Stadgarde ging.

Nein, Kerkermeister.

Der Hauptmann schwieg einen Moment lang. Wie so oft schien er erst genau zu überlegen, wie er seine Antwort formulieren sollte. Balesh war diese Stille immer schon unangenehm gewesen.

Ich bin hier um euch mitzuteilen, dass von nun an den Mitgliedern der grauen Rose der Zugang zum Kerker verwehrt ist.

Überrascht zog der Kerkermeister die Augenbrauen nach oben, während der Soldat vor ihm ungerürt fortfuhr.

Betrachtet sie diesbezüglich als normale Bürger, ihr werdet ihnen nicht öffnen, wenn sie nicht in Begleitung eines Gardisten sind.

Aber Herr Hauptmann, ich will da nicht in Schwierigkeiten geraten...

Bei den, zu erwartenden, Beschwerden, sollen sie sich an mich persönlich wenden.

Aber...



Er hielt inne. Der Blick des Hauptmannes machte klar, dass seine Entscheidung bereits gefallen war und Balesh wußte es besser, als sie in Frage zu stellen. Er nickte dem Hauptmann lediglich zu, der sich mit einem Gruß umdrehte und sich durch den aufkommenden Schneefall entfernte. Balesh blickte ihm nachdenklich hinterher, bis der wehende, blaue Umhang da Einzige war, was er noch erkennen konnte.

Er hatte von den Duell, das zwischen Aragon und Hagen stattgefunden hatte, gehört, doch bis heute hatte er sich noch keine Gedanken darüber gemacht, was das, auch für ihn und seine Arbeit, für Folgen haben würde. Nachdenklich wendete er sich ab und verschwand wieder im Eingang des dunklen Gemäuers.
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Lennier
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Post by Lennier »

In sein Arbeitszimmer hat sich Lennier zurückgezogen. Die letzten Tage haben ihn doch sehr zu schaffen gemacht. Nun war es an der Zeit wieder über die Zukunft nachzudenken, über das, was nun alles auf die Ritterschaft zukommen würde. Noch ist er nicht Graf, obwohl er das ganze letzte Jahr schon diesen Posten inne hatte. Auch beten die Ritter immernoch noch für das große Wunder. Doch es müssen nun doch zügig Entscheidungen getroffen werden. Die Ritterschaft darf nicht in der Trauer um ihren Führer versinken und das energische Treiben um sie herrum vernachläßigen...

Ein Bote tritt in die Kammer, als Lennier gerade dabei ist ein Schreiben zu verfassen. Er überbringt dem Halbling eine Nachricht vom Kerkermeister.


Der Kommandant der Stadtwache habe befohlen, den Rittern keinen weiteren Zugang zum Kerker zu gewähren. Der Kerkermeister werde diesem Befehl zunächst Folge leisten müssen, sei aber ratlos und verstehe den Sinn nicht so ganz. Er wolle sich mit dem Schreiben erkundigen und der Ritterschaft Bericht erstatten....


Lennier liesst den Brief zu Ende. Seinem sich dabei wandelnden Gesichtsausdrucks nach, scheint der Inhalt ihn nicht sonderlich zu behagen. Doch ein vom immernoch anwesenden Boten des Kerkermeisters erwarteter Wutausbuch bleibt aus.

Fasst gleichgültig wirft der Halbling das Pergament weg und lächelt dem Boten zu.


"Sag dem Kerkermeister, er soll tun was er für richtig hält. Die Ritterschaft der Grauen Rose ist immernoch die Beschützerin Lyrenzias. Dazu bedarf es kein Gefängnis, auch wenn es vieles erleichtern würde. Diese Order Hagens wird mich in meinen Plänen nur bestärken. Sag dem Kerkermeister, die Ritter werden ihm nicht bös sein. Doch irgendwann wird er uns von selbst den Zugang zum Gefängnis wiedergeben wollen. Ja so wird es sein. Sag ihm das!"
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