Zweifel und Hoffnung

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Cuderon
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Zweifel und Hoffnung

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Auf einem flachen Stein vor dem Kloster des Shi Longs sitzt Cuderon. Er pflegte bereits seit längerer Zeit an jenem Ort zu sitzen und der Stein strahlte für ein geschultes Auge bereits ein Stück der Aura Cuderons ab. Überhaupt ähnelte die Gestalt Cuderons, wenn er auf diesem Platz saß, immer mehr der eines Steins. Stundenlang starrte der Elf auf den kleinen See, einzig wenn sein Neffe Soy ihn besuchen kam, hebt sich sein Blick mit einem freudigen Lächeln und er beginnt, ihm eine neue Geschichte zu erzählen, auf die der Kleine so beharrlich wartet.

Oft merkte Cuderon nicht einmal, wenn die Dunkelheit hereinbrach, so sehr ist er meist in seine Gedanken vertieft. Grübelnd sitzt er auf diesem Fleck, grübelnd über die Geschehnisse in seiner neuen Heimat, Troll´s Bane. Er sann über die Zukunft der Stadt nach, die sein neues Zuhause war, die er so sehr liebte und zugleich… verabscheute? Dieses Gefühl der Abneigung, so stellte er fest, war ihm recht neu. In seinen Gedanken versuchte er zu verstehen, was es war, das dieses Gefühl in ihm auslöste.

Das Zusammenleben in der Stadt war friedlicher geworden, nur noch selten wird zur Waffe gegriffen. Darlok war aus der Stadt verschwunden und hatte seine üblen Machenschaften in sein eigenes, selbst erkorenes Reich verlagert, was Cuderon eigentlich hätte froh stimmen sollen.
War es, dass die Schergen Darloks noch immer unbehelligt in die Stadt kamen? War er einfach zermürbt durch die so lange anhaltende Dürre, die sogar den See, an dem er saß, austrocknen ließ? Oder war es der Verlust zweier Freunde; Jean Long, die Mutter seines anderen Neffen Cotham und Badmosche, der seit dem Verlassen der Grauen Rose wie vom Erdboden verschluckt war?

Oder ist es die Zukunft, die er fürchtet? Die Zunahme an gleichgültigen Menschen, die weder Wert auf ein gutes Glas Wein unter Freunden legten noch Rücksicht auf die grundlegenden Regeln der Höflichkeit nahmen? Wie bereits sein Vater sagte: „Wir alle fürchten uns vor dem Bösen; doch was wir am Meisten zu fürchten haben, ist die Gleichgültigkeit der Guten.“

Das war es. Er fühlte eine Gleichgültigkeit, die er nie zuvor gekannt hatte. Bisher konnte er immer, wenn er erschöpft war von den Gehässigkeiten und gegenseitigen Demütigungen innerhalb der Bewohner der Stadt in seinen von ihm so sehr geliebten Wald flüchten. Doch nun… die Dürre des Landes hatte selbst seinen alten Kontrahenten, den Bären, den er seit Jahren jagte und der ihm immer wieder durch seine Schläue und Raffinesse davonkam, schlaff und träge werden lassen… fast, als ob er vom selben Geist wie sein Jäger beseelt war.
Es war die allgemeine Befindlichkeit des Landes, seiner Bewohner und seiner Flora und Fauna, die Cuderons Gemüt gleichgültig werden ließ.

Er dachte an die verzweifelten Versuche einiger Tapferer durch ständiges Gebet ein paar wenige Sämlinge am Leben zu erhalten, doch sobald sich ein gewisser Erfolg abzeichnete, machten es Andere wieder zu Nichte. Er dachte an all seine leise Gebete, die er voller inbrünstiger Überzeugung vor sich herbetete und die doch nicht erhört wurden.

Ich werde gehen müssen, wenn dieses Stück Land den letzten Lebensfunken verliert. Ich kann nichts tun… oder doch? Standen nicht im herrlichen Garten von Fairy Tale die Bäume und Sträucher noch in voller Blüte, als ich ihn das letzte Mal besuchte? Ob es die Götter wohl zur Kenntnis nehmen, wenn ich ihnen das Stück, das mich an die Nächte voller Liebe und Zuneigung an diesem Ort erinnert, zum Geschenke mache? Trägt es die Hoffnung und Liebe weiter?

Wehmütig und doch hoffend zugleich gleiten Cuderons schlanke Elfenhände zu seinem Hals und ziehen das blaue Eisvogelamulett über seinen Kopf. Laut ruft er: „Oh ihr Götter, nehmt dieses Zeichen der Liebe und wandelt es zu Leben. Lasst den Eisvogel seine Aufgabe tun und die Länder befruchten! Bringt das Leben und den Glauben zurück auf diese dürre Insel, die einst so fruchtbar war. Lasst die Menschen wieder spüren, dass ihr sie liebt.“
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