Der rechte Pfad ((closed))

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Tyl Reinayor
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Der rechte Pfad ((closed))

Post by Tyl Reinayor »

((Das hier ist ein geschlossenes RP zwischen PO Djironnyma und mir, sollte sich später jemand mit einbringen wollen, der ig damit zu tun hat, kann er sich ja bei mir melden!
Falls sich jemand für die Hintergrundgeschichte von Tyl Reinayor alias Tyrfingur Thórgrimmdottason/Flaekjason interessiert, sie steht im Charprofil ;)))

Tyl schlüpfte eilig aus seinen Kleidern, nachdem der Magier gegangen war, und legte sich unter die weiche Decke. Er war von der langen Reise und dem Gespräch erschöpft, doch auch der ihm viel zu süße, schwere Wein tat jetzt seine Wirkung. Dem jungen Norodaj fielen schnell die Augen zu.

Er musste sich erst umsehen, bis er seine dämmrige Umgebung erkannte. Eine Waldlichtung, auf der er noch nie gewesen war. Durch den Vorhang der Blätter hörte er das leise, ununterbrochene Zwitschern etlicher Vögel, das mit der Dämmerung allmählich erstarb.

Da - hinter ihm - ein Knacken, wie das Brechen von Zweigen! Mit einem Mal schlug Tyls Herz bis zum Hals, vibrierte in rasendem, panischem Rythmus in seiner Kehle. Er fühlte einfach, dass irgend etwas ganz und gar nicht In Ordnung war. Fieberhaft fasste er an seinen Gürtel, suchte nach einer Waffe, doch dann fiel ihm auf dass er außer seiner Hose kein einziges Kleidungsstück, noch nicht einmal Schuhe, trug. Er hatte sich selten so wehrlos, und noch nie derart ausgeliefert gefühlt.
Das Splittergeräusch von dürrem Holz kam langsam, aber stetig näher. Ohne noch mehr Zeit zu verlieren, wirbelte Tyl herum und rannte kopflos in den Wald, nur weg von diesem unheimlichen Geräusch, weg von der Lichtung. Der Klang seines durchs Unterholz brechenden Körpers übertönte die Laute der Verfolger, er konnte nicht länger erkennen wie nah sie ihm gekommen waren.

Unvermittelt brach er aus dem Unterholz hervor. Seine bloßen Füße trafen auf kalten, weißen Sand. Einige hundert Meter vor ihm erhob sich eine Stadt in der Wüste. Der Name kam völlig selbstverständlich in seine Gedanken, als wäre er den ganzen Traum über schon dort gewesen.
Varshikar, und diese Wüste nannten die Bewohner Kumdah.
Tyls Panik verrauchte mit einem Mal. Um ihn her war es jetzt völlig still, nur sein heftiger Atem störte die abendliche Ruhe. Tyl ging weiter, hinaus auf die sandige Ebene, auf die Stadt zu. Erst spürte er den Wind noch nicht, und als ihm der kühle Hauch auf seiner Brust bewusst wurde, empfand er ihn zunächst noch als angenehm. Doch die Brise wurde stärker, unnachgiebiger, kälter. Mit einem Mal fröstelte es den jungen Norodaj, der die Arme um sich schlang um sich zu wärmen.
Doch auch das sollte nicht viel helfen. Die Brise schwoll an zum ausgewachsenen Brausen, zum brüllendem Tosen. In die kalte Luft mischte sich unvermittelt ein heißer Lufthauch, der den Sand am Boden aufzuwirbeln begann. Eine Windhose richtete sich auf, zunächst noch winzig, kaum sichtbar, hätte er nicht darauf geachtet, doch dann zunehmend bedrohlicher. Tyl wollte weiterlaufen, auf die Stadt zu, als wäre dort die erhoffte Rettung zu finden. Doch der Sog wurde immer stärker. Noch im Rennen verlor er den Boden unter den Füßen, ruderte hilflos mit den Armen, und wurde ohne Gnade in den wirbelnden Strudel hineingesogen.

Schweißgebadet schoß er aus den Laken auf, den Kopf voller Verwirrung und nachhallender Panik. Erst nach und nach ebbte sein heftiger Atem ab, während ihm wieder bewusst wurde, wo er sich befand und was er hier machte. Keine allzu beruhigende Erkenntnis, doch immer noch besser als die harsche, verdrehte Realität seines Traumes.
Kopfschüttelnd legte er sich wieder hin, doch noch lange lag er wach und grübelte über seinen weiteren Weg, bis ein tiefer, traumloser Schlaf der Erschöpfung ihn endlich von den Wirren der Nacht erlöste.
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Djironnyma
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Re: Der rechte Pfad ((closed))

Post by Djironnyma »

Tyl waren die Menschen um ihn herum vertraut, obgleich er keinen einzigen identifizieren konnte, schien es, als waren es jene, mit denen er sein Leben verbrachte. Alles schien friedlich und ruhig in Ihrem Dorf, das aus mehreren schlichten Langhäusern bestand, und in der Nase lag Tyl der Geruch des Meeres.

Mit einmal jedoch verdüsterte sich alles, gefolgt von Angst und Panik brachen schwarze Schatten mit rot glühenden Augen aus dem Boden hervor. - Dämonen - er konnte spüren wie ihr schiere Präsenz seine Eingeweide zu zerreißen schien. Ihre hellen Schreie, fern jeder Sprache, waren ein stechender Schmerz in den Ohren. Während Tyl nur hilflos zurück stolperte streckten die Schatten spitze Klauen gen ihm aus, griffen nach ihm und seiner Seele.

Als Tyl sich schon verloren glaubte, schien auf einmal in einem donnergleichem Brüllen der Himmel selbst zu zerbrechen. An den Boden gepresst sah der junge Halbnorodaj in den Himmel und erblickte einen riesigen, roten Drachen. Zuerst überkam ihm noch mehr Panik, doch dann wurde er sich gewahr, dass der heiße Odem des Drachen die Schatten wie Stroh verbrennen ließ. Jene die Tyl vertraut waren rannten nur panisch davon, kaum hatte sie der Drache von den Schatten befreit, Tyl jedoch konnte nicht anders, als fasziniert zu dem mächtigem Schuppentier zu blicken.

Der Drache lenkte ihn so sehr ab, das er den Schatten der ihn angriff, erst wieder spührte, als dessen Schattenklaue eine tiefe Wunde in Schnitt. Der Schmerz war zerreißend und am liebsten hätte sich Tyl der Ohnmacht ergeben, sein gequälter Schrei schien jedoch auch den Drachen auf ihn aufmerksam zu machen, in einer Bewegung, die in ihrem Geschick und ihrer Schnelligkeit einem so gewaltigem Wesen kaum zuzutrauen war, sprang der Drache zwischen Tyl und den dämonischem Schatten. Er breitete seien riesigen Schwingen gleich einem Schutzschild vor dem Verwundeten aus, dann spie er erneut Feuer und mit einem letztem Schrei verging der Schatten.

Erschöpft von der Aufregung und noch mehr von der Wunde sank Tyl zurück. Er konnte erkennen wie der Drache sich zu ihm wandte, er konnte seine smaragdgrün funkelnden Augen blicken die ihm seltsam vertraut schienen, er spürte des Roten warmen Atem der sich wie eine Decke um seine Haut legte. Dann strich die spitze Schnauze des Wesens ganz sanft über Tyl Wunde, die sich daraufhin mit warmen Kribbeln zu schließen schien.

Noch verwundert und sich seiner Situation kaum gewahr rappelte der Junge sich wieder auf, blickte sich ungewiss um als er wieder die ihm vertrauten Menschen erblickte. Doch sie schienen wütend, Bewaffnet mit Speeren, Schwertern und Äxten, sie stürmten brüllend auf Tyl und seinen Retter zu. Was war in sie gefahren? Hatte Ihre Furcht ihn das vermögen geraubt Freund und Feind zu unterscheiden? Die Gedanken Tyls wurden von einem Wurfspeer beantwortet, der Tyl wohl durchbohrt hätte, hätte des Drachens Schwinge ihn nicht wie eine Feder im Wind fort geschlagen.

Der Junge wandte sich nun in Furcht zu seinem Lebensrettern, es schien er war der Einzige dem er vertrauen konnte, dieser senkte sich etwas herab und wie aus angeborener Intuition heraus kletterte Tyl rasch auf den Rücken des Drachens.

Die Schreie und verfehlenden Wurfgeschoße im Rücken flog der Geschuppte mit Tyl auf dem Rücken davon. Sie flogen über das Meer und Über die Wolken und Tyl klammerte sich im Flug immer enger an den Drachen, nicht aus der Angst heraus zu Fallen, sondern weil ihm die Nähe ein angenehm vertrautes Gefühl gab, die Nähe seines Retters. Tyl konnte noch sehen, dass sie langsam wieder tiefer flogen als sie eine weite Wüste erreichten, dann jedoch schien er dem Schlaf anheim zu fallen, eng an den Rücken des Drachen geschlungen.

Als Tyl erwachte, war alles was er eng umschlang sein Kissen....
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Tyl Reinayor
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Re: Der rechte Pfad ((closed))

Post by Tyl Reinayor »

Der Traum mit dem Drachen hatte ihn den ganzen Tag beschäftigt, viel mehr, als er Meister Djironnyma gegenüber zugeben wollte. Auch die Versicherung, dass der Manabrunnen in der Burg seine Träume nur verstärke, nicht verändere, trieb ihn um. Er wusste nicht was es war, aber die Träume der letzten Nächte waren nicht nur viel intensiver und verstörender als alles, was er je zuvor geträumt hatte, neben ihrer erschreckenden Realität waren sie auch... anders. Sie kamen nicht völlig aus ihm selbst, da war er sich sicher, obwohl er über Stunden versucht hatte, sich selbst vom Gegenteil zu überzeugen. Allein die Vorstellung, auch nur eine weitere Nacht so lange, tief und so wenig erholsam zu schlafen, hätte ihn fast daran gehindert, überhaupt wieder in eines der Betten im Kellergewölbe zu steigen. Aber er wollte auf der anderen Seite auch nicht seinem Gastgeber gegenüber unhöflich erscheinen, und so ließ er sich zum dritten Mal in den Schlafsaal begleiten, wo das Bett der letzten zwei Nächte schon hämisch grinsend, wie er fand, auf ihn wartete.

Sobald er seine vom Training und dem langen Schwitzen am Lavastrom übermüdeten und völlig ausgelaugten Glieder unter die Decke verfrachtet hatte, war er auch schon eingeschlafen.

Die Luft um ihn her war dick, feucht und heiß. Es war fast unmöglich, zu atmen. Schwere Dunstschwaden waberten über den Boden, der unter seinen bloßen Füßen brannte wie Feuer. Noch ein Traum... Die resignierte Stimme seines wachen Geistes wurde im Keim erstickt und erstarb dann ganz. Mit ihr verstummte jede Skepsis und jedes Hinterfragen des nun Geschehenden. Der Traum war die Wahrheit.

Tyl sah sich um, schon wieder hämmerte sein Herz bis hinauf in den Ansatz seines Halses, zähes Blut pulsierte in seinen Ohren und hinderte ihn daran, klar zu denken. Er stand in einem Tunnel, oder einer Höhle, roh behauene Steinwände bideten etwa zwei Schritt über seinem Scheitel ein dämmriges Gewölbe. Irgendwo hier musste der Feuerfluss sein, Tyl wusste es einfach, auch wenn dieser völlig geräuschlos floß. Die Hitze und die schlechte Luft sprachen für seine Theorie.
Wie von selbst setzten sich seine Füße in Bewegung. Die kurzen Momente, in denen die Sohlen nicht mit dem Steinboden in Kontakt kamen, verschafften dem Halbnorodaj Linderung von der siedend heißen Berührung mit dem Fels. Er mochte eine Weile so gelaufen sein, als er an eine Gabelung kam. Links führte der Gang aufwärts, die Hitze mochte dort leichter erträglich sein, doch der Stollen war viel enger und steiniger als sein auf gerader Ebene weiterlaufendes Gegenstück.

Tyl blickte zum Boden, zwischen den Dunstschwaden sah er viele Fußstapfen ebenso wie die seinen auf dem vor Hitze aufgeweichten Felsboden, große wie kleine. Die meisten führten gerade weiter, in den breiteren, bequemeren Gang hinein. Tyl blickte ihnen nach, doch schon nach wenigen Metern versanken sie in Dunkelheit.
Einige wenige Fußpaare hatten sich den Weg nach oben getraut, obwohl er so aussah, als könnte er bald unter der Last des Berges über ihm zusammenbrechen.

Als wäre Tyl fremdbestimmt, wählte er den schmalen, ansteigenden Pfad, und prompt wurde die Luft frischer und der Boden weniger heiß. Doch seine aufgewundeten Fußsohlen quälten sich auf dem erst noch warmen, später zunehmend eisigen Boden voller scharfer, kantiger Steine, sehr viel mehr als sie es weiter unten getan hatten. Der Schacht wurde immer enger, und als Tyl den Blick erneut gen Boden richtete, sah er, dass es bis hierher bedeutend weniger Fußstapfen geschafft hatten. Der Rest musste umgekehrt sein, auch wenn er keine passenden Spuren gesehen hatte.
Weit oben, sehr winzig und noch Meile um Meile entfernt, erkannte er einen winzigen Lichtschein, ein schmaler Streifen Tageslicht. Er konnte von dort wo er stand, nicht erkennen, ob er es bis dorthin überhaupt schaffen konnte, und was ihn draußen erwartete. Zögerlich, dann immer schneller, setzte Tyl seine mühselige Kletterei fort, schon bald musste er auf Händen und Füßen kriechen, um überhaupt vorwärts zu kommen. Das Licht war mittlerweile so stark, dass es ihn, sobald er den Kopf vom Boden hob, scharf blendete. Doch er ließ sich nicht beirren, krabbelte weiter. Der enge Felsspalt um ihn her zerriss seine Kleidung, schürfte und brannte über seine Haut, schnürte ihm fast die Luft ab. Womöglich würde er ersticken, ehe er es bis oben geschafft hatte. Und er wagte es nun nicht mehr, aufzublicken und nachzusehen, wie weit es denn noch dorthin sein mochte.
Er kniff die Augen fest zu und kroch weiter. Früher oder später mochte er das Ende des Tunnels schon erreichen...

Und in diesem Moment verlor er den Boden unter den Händen, versuchte nach irgendetwas zu greifen, riss erschrocken die Augen auf und - fiel.
Unter ihm lag in unendlicher, brausender Weite das Meer. Während Tyl haltlos in der Luft darauf zu sauste, die Todesangst ihn fest im Griff hielt und er sich sicher war, dass sein Ende nun gekommen war, wurde sein Sturz mit einem Mal abgemildert. Die Fallrichtung änderte sich, ein fester Zug an dem lumpigen Hemd, das noch auf seinem Rücken lag, wandelte Absturz in Sturzflug, und dann in Schweben. Ungläubig verrenkte Tyl den Hals, um nach oben zu blicken und seinen Retter anzusehen. Doch bevor er mehr im Gegenlicht der Sonne ausmachen konnte als ein Paar gigantischer Schwingen, wachte er auf.
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Djironnyma
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Re: Der rechte Pfad ((closed))

Post by Djironnyma »

War er noch am lernen? Tyl sah deutlich auf die die skizzenhaften Männer, doch schien sich zugleich bewusst dass er selbst der Blonde ist. Er hörte den Klang der Stimme des Dunkelhaarigen, den Klang von Djironnymas Stimme. Ohne die Wörter der Stimme erfassen zu können, wusste Tyl, das es Befehle waren die sie sprach und das er sie befolgte, ohne zu zögern, es schien bedeutungslos worum es ging, allein die Befehle auszuführen, weil er sie bekam, führte er sie aus.

Er rannte im Kreis herum, konzentrierte sich auf Bücher, dann stand er still und stramm und schließlich kämpfte er mit einem Stab in der Hand, alles schien zusammenhangslos, dennoch breitete sich eine tiefe Zufriedenheit in ihm aus, als er alles befolgte. Das folgende Lob der Stimme des Dunkelhaarigen, das wissen ihm zu gefallen löste eine Woge aus Stolz in Tyl aus.

Im nächsten Moment lagen die zwei Gestalten unter dem Schatten einer Palme, der Kleinere eng an den Größeren geschmiegt, Tyl schien sich immer mehr wie der Hellhaarige selbst zu fühlen. Zugleich wandelten die skizzenhaften Männer sich allmählich in realistische Abbilder von Tyl und Djironnyma. Der Blonde spürte den Körper an den er sich schmiegte, seine Wärme, seinen ruhigen Atem und den Arm der sich schützend um Tyl legte. Alles war wie es sein muss, Tyl spürte das er sicher war von den Schatten seiner Vergangenheit, dass er dieses Leben ohne Furcht führen, sich in diese Arme einfach fallen lassen konnte. Sein Drache würde ihn auffangen und beschützen. Langsam, zufrieden schlief Tyl ein wissend das seine Schlaf und seine Träume behütet sein werden.


Als Tyl, statt in der Wüste in seinem Bett, erwachte, hatte er wieder nur sein Kissen eng umschlungen, Er war ausgeruhter, erholter als die Nächte davor und noch ehe er seinen Traum ganz rekapituliert hatte Spürte er morgendliches Regen zwischen seinen Schenkeln.
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Tyl Reinayor
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Re: Der rechte Pfad ((closed))

Post by Tyl Reinayor »

Auf der Stelle schlug sein Herz bis zum Hals, genauso panisch wie in den frühen Träumen in der Burg. Irgendetwas hier war ganz und gar nicht normal. Ein Teil von ihm akzeptierte es als Wahrheit, als Teil seiner magischen Begabung, wie Djironnyma es genannt hatte. Aber ein anderer Teil merkte nur zu deutlich, dass dies hier nicht ein Teil von ihm war. Es schlich sich in sein Selbst, doch anders als die Magie war es nicht aus ihm selbst gewachsen.

Sei vorsichtig, Tyl, dachte er, während er das Gesicht in den Händen begrub. Du verlierst allmählich den Verstand, und was schlimmer ist, du verlierst dich. Konzentrier dich auf dein Training, und NUR auf dein Training. Irgend etwas an diesen Träumen passt nicht zusammen. Bis du weißt, was es ist, solltest du dich vorsehen und nicht alles glauben, was man dir sagt.

Er stand auf, schwamm eine Runde in dem Wasserbassin, den er am Vorabend gefunden hatte, und ging dann hinüber in die Bibliothek, wo er nach einem Buch mit großer Schrift suchte, dessen erstes Wort er nach einer Weile des Daraufstarrens tatsächlich verstand. Mit diesem Buch setzte er sich hin und zwang sich, Wort für Wort zu lesen, indem er die Bedeutung der ihm entfallenen Buchstaben mit Hilfe des Lesebuches entschlüsselte. Es war harte geistige Arbeit, aber dennoch konnte er deutlich bemerken, dass er schnelle Fortschritte machte, vor allem, da ihn jetzt keine eingeölten Hände auf seinem nackten Rücken ablenkten.
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Tyl Reinayor
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Re: Der rechte Pfad ((closed))

Post by Tyl Reinayor »

Das Licht der Kerze beleuchtete die klar definierte, saubere Schrift auf dem noch recht neuen Pergament in flackerndem Licht und ließ die Schatten in den Ecken des Raumes malerisch tanzen. Tyls Zeigefinger wanderte langsam unter der einzigen Zeile auf der ersten Seite entlang, half ihm, Buchstabe für Buchstabe zu erkennen und sich zu erinnern, wie er klingen musste. "Die Geschichte von Belen und Aralinnia", murmelte er mechanisch, mehr aus dem Gedächtnis als die Überschrift tatsächlich zu lesen. Eine Liebesgeschichte sollte es sein. Vor allem sollte sie ihm helfen, besser zu lesen. Ohne länger zu überlegen, blätterte er um und versank in der fantasievollen, malerischen Welt einer fremden Geschichte.

Einst lebte in Jenawín, einer kleinen Siedlung am Ufer des Andabar, ein Knabe mit dem Namen Belen. Belens Haar war dunkel, und seine Augen trotz seines noch jungen Alters voller Mut und Entschlossenheit. Doch Belen war einsam, denn in Jenawín gab es nur sehr wenige Kinder, und keines, das ebenso verwegen oder abenteuerlustig gewesen wäre wie er selbst. So spielte er eines Tages mit den älteren Knaben an den zerklüfteten Felsufern des Flusses, waghalsiger als die übrigen erklomm er selbst die schlüpfrigsten Steine und war seinen Gefährten um viele Schritte voraus. Er hörte ihre warnenden Rufe zu spät, ebenso wie er erst zu spät bemerkte, dass er den Sprung zum nächsten Stein zu kurz bemessen hatte. Belen glitt aus und stürzte, und die dunklen Wasser des Andabar schlossen sich über ihm.

Tyl hielt inne, als er ein Geräusch von außerhalb der Bibliothek hörte, doch niemand betrat den großen, mit Büchern vollgestopften Kellerraum, den er für seine Studien erwählt hatte, um die übrigen jungen Männer im Schlafsaal nicht zu stören. Nach den verworrenen Träumen der letzten Nächte war ihm nicht nach Schlafen, er schreckte vor den scheinbaren Antworten zurück, die die Träume ihm zu präsentieren schienen. Zu leicht, zu wenig aus ihm selber heraus kamen diese Antworten. Sie fühlten sich nicht richtig an.

Hustend, nach Atem ringend, kam Belen wieder an die Oberfläche. Hinter ihm riefen die anderen Kinder um Hilfe, versuchten ihn mit ausgestreckten Armen zu erreichen, doch keines traute sich nah genug an ihn heran. Belen kam nicht dazu, eine der rettenden Hände zu erreichen. Die Strömung erfasste ihn und riss ihn mit sich.

Fasziniert las Tyl davon, wie Belen endlich, als es schon tief in der Nacht war, das Ufer des wilden Flusses erklomm und sich umsah. Ein Kind, allein, inmitten der Wildnis. Belen machte sich auf, folgte dem Fluss mühsam wieder aufwärts, um zu seiner Familie zurückzufinden. Auf seiner Wanderung traf er einen zweiten Knaben, der völlig scheu vor ihm zurückschreckte und kein Wort sprach. Da Belen Hunger hatte, bemühte er sich dennoch um das Vertrauen seines Altersgenossen, der ihn schließlich zu seinem Versteck führte und ihm ohne Worte einige Brocken Fleisch von einem erlegten Kaninchen anbot.

Belen nahm den völlig verwilderten, blonden Knaben mit in sein Dorf, das sie auch glücklich erreichten, und seine Familie zog die beiden gemeinsam auf. Der Fremde hatte keine Erinnerung an seine frühere Familie, als habe er vor dem Tag, an dem Belen ihn fand, nicht existiert. Er wurde bald schon Nerran gerufen. Die beiden Heranwachsenden, obgleich so unterschiedlich wie Feuer und Wasser, verband eine tiefe, innige Freundschaft, viel intensiver, als es selbst bei Zwillingsbrüdern der Fall zu sein pflegt. Man sprach häufig davon, dass Belen und Nerran wie zwei Seiten der gleichen Münze seien. Hatte Belen sich bei den weiten Streifzügen außerhalb der Sieldung in eine missliche Lage gebracht, so war stets Nerran bereit, ihm herauszuhelfen. Wurde Nerran von den älteren Burschen der Siedlung wegen seiner Stummheit und Schwäche drangsaliert, so war Belen bereit, sich für ihn zu prügeln.

Tyl bemerkte gar nicht, wie ihm über der im flackernden Schein der Kerze sehr anstrengenden Lektüre, die vor allem wegen seiner beschränkten Lesefähigkeiten sehr lange dauerte, die Augen zufielen. Er schlief ein, den Kopf auf dem Buch, und durchwanderte mit Belen und Nerran die Weiten der fremdartigen Wildnis...
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