Auf Messers Schneide

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Lacy Dracu
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Auf Messers Schneide

Post by Lacy Dracu »

((ooc: offenes RP für alle die sich wirklich beteiligen wollen. Bitte kein ooc!))

Lacy betrat das Archiv und ihr erster Blick, fiel wohl auf die von ihr durchbohrte Spinne. Si trat näher zu jener heran und umfasste den Griff des Schwertes mit der gesunden hand. Während sie oben wohl Alan aufräumen hörte, schaffte Lacy nun erst einmal den Kadaver hinaus und davon würde sie sich wohl auch nicht von Gryphius abhalten lassen.

Sie brachte den Kadaver zu den anderen die aufgeschichtet wurden und zog dort dann das Schwert aus dem Tier. Dann kehrte Lacy zurück in die Archive und legte das Schwert auf den Tisch. Sie würde es wohl später noch reinigen müssen und somit von dem getrocknetem Blut befreien.

Lacy trat an Gryphius heran und sah ihm einen kurzen Moment in sein Gesicht bevor sie den blick abwandte zu seiner Hand in der er das Schwert noch hielt. Die Finger ihrer unverletzten Hand strichen kurz über seine Hand, bevor sie so, ihm langsam die Waffe abnahm und dies Schwert ebenso auf den Tisch legte. Dann wandte sie sich auch schon ab und nahm auf einem der Stühle platz.

„Du…wolltest dich noch um meine Wunde kümmern, nicht wahr?“

Ohne wirklich eine Antwort abzuwarten, zog sie sich auch schon den Handschuh aus. Sie zuckte nicht einmal oder verzog nennenswert das Gesicht als sich durch das ruckartige ausziehen des Handschuhs die Splitter noch weiter in ihre und über ihre Hand trieben. Nun begann es dennoch wieder etwas stärker zu bluten. Doch zog Lacy ein Tuch aus ihrer kleinen Tasche am Gürtel und hielt dies unter ihre Hand, dass hier der Boden nicht auch noch zu sehr verunreinigt wurde.

Sie wandte ihren blick kurz nach oben.

„Ich hoffe…wir können ihr helfen und das reden allein sie zurück holen kann.“

Viel Zeit haben wir nicht…wie lange kann sie ohne Wasser und Essen überleben…


Lacy blickte wieder zu Gryphius und dann auf ihre Hand. Es waren ein paar kleinere Splitter in der Wunde aber auch ein größerer der durch das Handschuh ausziehen die Wunde nur noch weiter aufgerissen hatte. Der große Splitter ragte auch deutlich heraus. Da konnte man sich in der tat fragen wie es ihr möglich war ein Schwert zu halten. Doch waren das Dinge die Lacy nicht kümmerten. Denn ihre Sorge galt noch immer Sira…
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Gryphius
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Post by Gryphius »

Gryphius hatte als erster die Archive betreten, und machte auch keine Anstalten, Lacy von ihrem Tun zurückzuhalten - diese Biester gaben tot einen noch viel übleren Geruch von sich, als lebend, so unglaublich ihm das auch vorkam. Während also Lacy für die Beseitigung des Fäulnisgeruchs Sorge trug, legte Gryphius zunächst das ungeliebte Schwert auf dem Tisch ab, und stiegt geschwind einige Treppenstufen hinauf, um einen kurzen Blick über die Luke ins Obergeschoß zu erhaschen. Alan hatte Sira wie geheißen zu Bett gebracht, und sich gar die Mühe gemacht, den schweren Bettkasten in die Ecke zurückzuschieben. »Feiner Junge.« dachte Gryphius still in sich, doch unterließ er es, ein Wort an Alan zu richten, da er ja noch einige Vorbereitungen für diese kleine Operation zu treffen hatte.

Wieder in der Schreibstube angelangt, stellte er zunächst das Fläschchen Rum auf dem Tisch ab, welches er auf dem Weg aus dem Depot mitgenommen hatte. Dies musste zur Vorbeugung von Wundbrand ausreichen; Dass Lacy sich damit betäuben müsse, stand wohl nicht zu erwarten, denn was die Toleranz gegenüber Schmerz anging, war sie ja offenbar zäher als manch ein kampferprobter Zwergenkrieger. Nun bedurfte es noch an Instrumenten: Ein kurzer Griff ins Regal, und er war wieder vereint mit einer seiner Kostbarkeiten, die ihn schon jahrzehntelang auf seinen Reisen begleitet hatten, und in einer aufrollbaren Ledermappe immer bis zu ihrem nächsten Einsatz schlummerten. Mit einer schwungvollen Bewegung rollte er die Mappe über der Tischplatte auf:

Fein säuberlich lagen sie dort aufgereiht: Vier sorgfältig angespitzte Kohlestifte aus hochwertiger Eichenkohle; ein hölzernes Lineal, ebenfalls aus solider Eiche; drei gut gehärtete Gantenkiele aus Kan-Ann-Irulaith, gnomisches Präzisionswerk; zwei bildhübsche Federmesser aus Elfenstahl von unbekannter Herkunft, die Gryphius immer zum korrekten Zuschnitt von Pergamentbögen anwandte; und schließlich eine Auswahl von fünf Holzpinzetten verschiedener Größen - wieder gnomische Anfertigung aus Kan-Ann-Irulaith, die besonders nützlich für das schonende Umblättern alter Bücher waren. Eine fürstliche Sammlung für den passionierten Schreiberling, die das Beste aller Welten in sich vereinigte, und Gryphius den Großteil seines Lebens treu gedient hatte. Ein kleines Vermögen war sie durchaus wert - wohl nur nicht auf Gobaith, wo sich die Schreibkunst in den meisten Gegenden in schludrigen Schmiereien aus Schmähtiraden und Säbelrasseln erschöpfte.

Solch hochwertiges Präzisionswerk - obgleich sicher nicht ursprünglich dafür konzipiert - konnte für die anstehende Aufgabe kein völliger Fehlgriff sein. Und so setzte er sich an die Tischkante, und wartete auf Lacys Wiederkehr. Derweil nahm er das Schwert wieder zur Hand, und musterte es kritisch, geradezu abfällig - gewiss war es keine schlechte Klinge, sofern er das mit seinem wenig fachkundigen Augenmaß abzuschätzen vermochte, doch war er auch irgendwo erleichtert, dass er nun nicht länger Bedarf nach diesen, in seinen Augen, grobschlächtigen Mordwerkzeugen hatte. Und da kam Lacy auch schon zurück, doch aus der Art, in welcher sie ihn ansah, und über seine Hand glitt, ehe sie ihm die Klinge aus der Hand wand, vermochte er nur einen Schluss zu ziehen: Sie hatte es noch nicht überwunden. Vielleicht würde er ihr gar keinen Gefallen erweisen, wenn er sie behandelte - eine Wunde würde geschlossen, eine andere derweil aufgerissen. Doch die Frage stellte er sich nur bis zu dem Zeitpunkt, da er ihr gegenüber Platz genommen hatte, und eines der Federmesser schon in den Rum tunkte.

»Du…wolltest dich noch um meine Wunde kümmern, nicht wahr?«

»Richtig. Wenn du... ääähm!?« Weiter konnte er seinen Satz nicht auszuführen, da Lacy offenbar mit der schmerzvolleren Methode vorlieb nahm, sich des Handschuhs zu entledigen. Fassungslos senkte er den Kopf und schüttelte ihn langsam, während er seine freie Hand emporhob, so als würde er von den höheren Instanzen mehr Verstand für dieses Weib erbitten wollen. Wollte sie ihn damit treffen? Oder womöglich sich selbst? Tatsache war, dass sie seine Aufgabe als Behelfs-Medico mitnichten erleichtert hatte - tief vergrabene Glassplitter aus lebendem Fleisch zu ziehen war nun doch nicht ganz das Selbe, wie das Umblättern von empfindlichen Dokumenten. Er senkte seine Hand wieder, und deutete schweigend auf die Mitte der Tischplatte, auf der sie ihre blutende Hand legen möge. Nach dem kurzen Moment der Bestürzung ward sein Gebaren wieder kühl und professionell.

»Ich hoffe…wir können ihr helfen und das reden allein sie zurück holen kann.«

Während er eine der kleineren Pinzetten zur Hand nahm, und sie mit Rum befeuchtete, entgegnete er darauf leicht vorwurfsvoll. »Das hoffe ich ebenso. Doch ist das kein Grund, sich 'selbst' zu zerfleischen - das war töricht von dir, ich hätte dir den Handschuh auch 'wegschneiden' können. Nun lege das Tuch dahin, deinen Handrücken drauf, und halte sie ruhig, dann wird der Schmerz auch nicht allzu groß werden. Ich fange mit den 'kleineren' Splittern an.« Er zog die Pinzette aus dem Rumfläschchen, und hoffte darauf, dass diese unangenehme Aufgabe schnell vorüberginge. Er hatte den Ablauf schon einmal bei einem Schiffsmedico beobachtet, als dieser Holzsplitter aus der Hand eines Matrosen entfernte. So schwierig sah das doch gar nicht aus. Jedoch wagte er es nicht, zu Lacy aufzusehen, denn von beiden war nun ein Höchstmaß von Konzentration und Disziplin gefordert.
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Rhianna Morgan
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Post by Rhianna Morgan »

Etwas verlegen stand er nun in dem Raum überm Archiv. Was noch, was konnte er noch tun? Seine Untätigkeit ärgerte ihn selber, aber das Zimmer war so gut es ging wieder ordentlich, und die junge Frau lag regungslos auf ihrem Lager.

Zögernd trat er wieder näher an sie heran, und sah auf sie herab, ehe er sich vor ihr auf den Boden hockte. "Hallo, Miss Nightshade... Zeit aufzuwachen!" sagte er leise zu ihr, mit einer Dringlichkeit, die seine sonore Stimme leise schwingen liess.

Dann wartete er atemlos auf eine Reaktion von ihr, irgendein Zeichen dass sie ihn überhaupt gehört hatte...
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Lacy Dracu
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Post by Lacy Dracu »

Lacy bemerkte deutlich, einerseits Gryphius Bestürzung und andererseits auch sein offensichtliches Unverständnis, warum sie den Handschuh ausgezogen hatte. Dennoch seine Worte ließen sie jetzt schmunzeln und sie sah ihn an.

Noch bevor er wirklich anfing die Splitter zu entfernen, sprach sie ihn leise und ruhig an.

„Zerfleischen würde ich es nicht unbedingt nennen. Zum einen, habe ich dir einen Gefallen getan. Denn ich weiß nicht ob es dir…gefallen…würde, mit den Pinzetten recht tief in mein Fleisch greifen zu müssen um die Splitter zu entfernen. Sicherlich, es hat die Wunde noch mehr aufgerissen als ich den Handschuh so auszog, aber auch die Splitter ein wenig aus der Wunde gezogen so das es nun weitaus einfacher ist sie zu entfernen.“

Sie atmete kurz leicht durch und sah auf ihre Hand.

„Und mach dir keine Sorgen. Du wirst mir sicherlich keinen größeren Schmerz zufügen können. Ich bin…gut darin erzogen worden, Schmerz zu ignorieren oder schlicht nicht zu spüren, bis zu einem gewissen Grad.“

Sie schloss nun ihre Augen und atmete einmal tiefer durch bevor sie ihre wieder geöffneten Augen auf die Hand richtete und Gryphius tun beobachtete.

Während er daran ging die Splitter zu entfernen, was kein größeres Problem sein sollte, war auch ihr nicht anzusehen ob sie nun Schmerz empfand oder nicht. Doch behielt sie den Blick auf ihrer hand. Sie ahnte nur das es Gryphius wohl unangenehm gewesen sein musste als sie leicht seine Hand berührt hatte und sie schallt sich selbst dafür. Sie hatte noch Gefühle für ihn, oh ja, aber sie sollte es nicht zeigen, in keiner weise.

Es würde vergehen mit der Zeit, war es doch schon jetzt nicht mehr weit so schlimm und schmerzhaft wie noch vor ihrer Reise nach Ar-Sikar.
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Sira Nightshade
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Post by Sira Nightshade »

Während all der Zeit, weder auf dem Weg in die Archive, noch seit Alan sich so bemüht hatte, es ihr so bequem wie nur möglich zu machen, war nicht eine Regung von ihr ausgegangen. Blass und leblos schienen ihre Züge, zerbrechlich, wie weißes Porzellan und wären ihre Glieder nicht warm und ihr Atem nicht ruhig und gleichmäßig gewesen, hätte man wohl glauben können, sie hätte der Welt der Lebenden bereits den Rücken gekehrt.

Nichts an ihr erinnerte noch an den Schrecken, den sie noch vor kurzen durchlebt hatte. Ihre Züge zeugten von einer Ruhe und Klarheit, als läge sie einfach nur in tiefem, friedlichem Schlaf.

Sorgt euch nicht um mich.
Es ist gut, so wie es ist.
Alles ist so einfach.
Alles ist so friedlich und klar.
Was könnte mir besseres geschehen?


Zwischen jenen Gedanken, die ihren Geist wie flüchtige Nebelschwaden durchzogen, drang Alans Stimme entfernt zu jenem Teil ihres Verstandes am Rande ihres Bewusstseins durch.

"Hallo, Miss Nightshade... Zeit aufzuwachen!"

Bitte, sorgt euch nicht um mich.
Ich bin frei. Endlich bin ich frei.
Warum sollte ich das aufgeben?
Oder… etwa nicht?


Doch nicht eine Regung wollte von ihr ausgehen. Kein Laut, nicht einmal ein Wimpernschlag. Nichts…
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Gryphius
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Post by Gryphius »

Mit gespreitztem Zeigefinger und Daumen drückte seine freie Hand Lacys Fingerkuppen gegen die Tischplatte, während sich das Gelenk seiner verbleibenden Hand gegen Lacys schmiegte, so dass er einerseits ihre Hand fixieren konnte, und andererseits mit der Pinzette guten Zugang zu den Splittern fand, welche hässlich und blutbefleckt da aus dem Fleisch hervorblitzten. Während wohl die meisten Schwertschwinger, hätten diese mit solch einer Verwundung ihre Waffe zu greifen versucht, schon aus dem schmerzlichen Reflex heraus die Klinge hätten fallen lassen, schien Lacy diese Impulse nach Belieben unterdrücken zu können. Eine wirklich beachtliche Resistenz gegen Schmerz hatte sie - doch natürlich hatte Gryphius auch diese durchbrechen können, wenn auch auf einer anderen Ebene und komplett unbeabsichtigt.

»Zerfleischen würde ich es nicht unbedingt nennen. Zum einen, habe ich dir einen Gefallen getan. Denn ich weiß nicht ob es dir…gefallen…würde, mit den Pinzetten recht tief in mein Fleisch greifen zu müssen um die Splitter zu entfernen. Sicherlich, es hat die Wunde noch mehr aufgerissen als ich den Handschuh so auszog, aber auch die Splitter ein wenig aus der Wunde gezogen so das es nun weitaus einfacher ist sie zu entfernen. Und mach dir keine Sorgen. Du wirst mir sicherlich keinen größeren Schmerz zufügen können. Ich bin…gut darin erzogen worden, Schmerz zu ignorieren oder schlicht nicht zu spüren, bis zu einem gewissen Grad.«

Ungeachtet Lacys erhöhter Toleranz gegen Schmerz setzte Gryphius dennoch alles daran, diesen möglichst klein zu halten, und wahrlich: Er stellte sich mitnichten so ungeschickt bei seiner Arbeit an, wie er eingangs befürchtet hatte. Kein noch so geringes Zittern ging durch seine Hände, und so entwickelte er schnell eine gewisse Routine, in der er zunächst kurz prüfte, wie fest die kleinen Splitter saßen, um diese dann - solllten sie nachgeben - in einem verschwindend kurzen Ruck aus dem Fleisch zu ziehen, und sie mit einem gedämpften "Pling" auf die Tischplatte fallenzulassen. Er kam gut voran, und auch Gefühle von Ekel blieben aus. Doch während er da an Lacys Hand arbeitete, und über ihre Worte nachsann, konnte er es nicht unterlassen, ihren in seinen Ohren geradezu törichten Aussagen abermals mit einem leichten Kopfschütteln zu begegnen, denn wie um alles in der Welt sollte eine verstärkte Blutung dem Eingriff dienlich sein? Seinerseits entgegnete er: »Lacy, nun beleidigst du aber meine Intelligenz. Um deinetwillen solltest du es künftig 'unterlassen', mir Gefälligkeiten dieser Art zu erweisen; Andernfalls müsste ich wohl befürchten, dass du dir das nächste Mal die ganze 'Hand' abtrennst, nur um mir meine Aufgabe zu erleichtern. Glaube mir: Der Anblick von Blut ist mir zu vertraut, als dass eine solche Verletzung in mir noch große 'Bestürzung' erregen könnte.« Er brachte es nicht offen zur Sprache, aus Angst, Lacy damit zu brüskieren; Doch in ihm verdichtete sich die Mutmaßung, sie hätte sich tatsächlich selbst verletzt, um ihn damit zu treffen. Das wäre ihr dann auch tatsächlich gelungen, denn obgleich er niemals für sie sein könnte, was sie sich wünschte, wollte er andererseits auch nicht, dass sie litt. Doch wie war das schon festzustellen bei einer verschlossenen Person wie Lacy, die so vehement Gram und Schwäche verleugnete?

Ohne größere Reibereien entfernte er den letzten kleineren Splitter, bis nur noch der große übrigblieb. Jener hatte sich besonders übel in die Hand geschnitten, und Lacys Abstreifen des Handschuhs hatte seinen Sitz höchstens geringfügig gelockert. Ruhig sprach er weiter, während er zu seiner größten Pinzette wechselte. »Das könnte 'unangenehm' werden, doch versuche die Hand trotzdem stillzuhalten, damit ich die Wunden möglichst schnell versiegeln kann. Schmerzresistenz hin oder her - ich habe kein 'Verlangen' danach, dass diese Schreibstube ...« Und mit einem kurzen Ruck hatte er nunmehr auch den letzten Splitter entfernt - eine wirklich gewiefte Methode, die er damals bei diesem Schiffsmedico beobachtet hatte, wenn dieser potentiell schmerzhafte Eingriffe vornehmen musste: Zunächst dem Patienten zureden, und dabei sozusagen ganz beiläufig und rasch den Eingriff vollziehen, ohne groß darauf hinzuarbeiten. Ein schemenhaftes Schmunzeln legte sich auf seine Lippen, als er den blutigen Splitter zunächst demonstrativ vor Lacys Augen hielt, und schließlich seinen Satz beendete. »...später wie eine Fleischerei nach einer 'Massennotschlachtung' aussieht.« Mit einem deutlichen "Pling" ließ er auch diesen Splitter auf die Tischplatte fallen.

So legte er die Pinzette nieder, um nun auch noch die offenen Schnittwunden zu versiegeln: Mit seinen Händen formte er eine kleine Kuppel, legte diese über die wunde Hand Lacys, und raunte mit verschlossenen Augen zweimal hintereinander »Mes Pen«, den niederen Heilzauber, der für solcherlei Wunden gerade noch genügen sollte. Ein angenehmes Kribbeln sollte sich in der Hand ausbreiten, um die Heilung zu signalisieren, und in der Tat: Als er die Sicht auf Lacys Hand wieder freigab, zeugten hauptsächlich nur noch die Blutkrusten von der Verletzung, wenngleich das Hautgewebe an den tieferen Stellen noch etwas dünn war. Zufrieden nickte er, während er seine Sachen wieder zusammenräumte, um sie wieder im Regal zu verstauen. »Wenn ich nicht wüsste, dass diese Empfehlung bei dir auf taube Ohren stieße, würde ich dir anraten, die Hand mindestens eine Woche zu schonen. Doch nun müssen wir uns Sira zuwenden - ich werde später dann saubermachen.«
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Lacy Dracu
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Post by Lacy Dracu »

Lacy beobachtete Gryphius dabei wie er erst ihre Hand fixierte und sie langsam daran machte die Splitter zu entfernen. Sie zuckte nicht einmal. Es mochte von Vorteil sein das sie den Schmerz so unterdrücken oder schlicht ausblenden konnte, zumindest den rein physischen. Dies hatte sie auf eine sehr harte und da noch schmerzliche Art und Weise lernen müssen. Wie auch so vieles andere. Doch im Gegensatz zu diesen physischen Schmerzen, waren jene Schmerzen die eher auf emotionaler Ebene basierten für Lacy nicht zu unterdrücken. Zwar war sie wohl Meisterin darin diese zu verbergen, wie fast jede Gefühlsregung die meiste Zeit über, was aber nicht bedeutete, dass sie diese nicht spürte. Zumal waren diese Gefühle, zwar nicht wirklich unbekannt für sie, aber immer noch etwas womit sie umzugehen lernte. Sie hätte auch nie daran gedacht das Gryphius sie gerade auf dieser Ebene verletzen könnte oder überhaupt sonst jemand. Sei es nun beabsichtigt oder nicht. Eine allzu lange Zeit in ihrem Leben gab es kaum ein Gefühl außer Hass, Wut und Zorn. Aber auch ein Gefühl von Macht und Überlegenheit.

Lacy schüttelte kurz unmerklich den Kopf. Es war nicht die Zeit sich über diese vergangenen Zeiten Gedanken zu machen. Zumal die Schatten der Vergangenheit ruhen sollten, denn nichts von alledem war rückgängig zu machen.

Sie beschränkte sich nun doch erst einmal darauf Gryphius eben zu beobachten. Sie lächelte dann milde bei seinen nächsten Worten.

„Mitnichten. Wir hätten das Tuch auch noch nehmen können um das Blut vorsichtig damit auf zu saugen aber…nun ist es wie es ist. Außerdem, wäre ich auch sicher nicht so dumm mir aus welchem Grund auch immer die Hand abzutrennen. Dennoch, ich verstehe was du meinst.“

Sie atmete kurz leicht durch und schloss ihre Augen.

„Aber, ich muss mich dennoch für diese, für dich vielleicht, recht drastische und unklug erscheinende Maßnahme entschuldigen. Nenn es eine Macht der Gewohnheit, keine Zeit zu verlieren. Vielleicht, ergibt es sich irgendwann das du mehr über diese Dinge...mein Leben erfährst, wenn du das willst und nun vor allem ich bereit dazu bin darüber zu sprechen, eingehender.“

Sie öffnete ihre Augen wieder aber sie sah ihn nicht an. Sicherlich wollte sie Gryphius damit nicht treffen oder sich selbst mit solcherlei Tun für irgendetwas strafen. Aber, wie sollte man eben bei jemanden wie Lacy so was schon genau sagen können. Wo doch ihre Gesichtszüge die meiste Zeit über nicht verrieten was in ihr vorging, wenngleich auch ihre Augen manches mal nicht verleugnen konnten was sie fühlte.

Lacy hörte Gryphius sodann weiterhin zu und leicht zuckte wohl ihre Hand als er den letzten Splitter entfernte. Sie musste dann dennoch schmunzeln und neigte leicht ihren Kopf.

„Auch wenn dem Raum ein wenig Farbe vielleicht nicht schaden könnte, wollen wir es wohl nicht darauf ankommen lassen.“

Sie öffnete ihre Augen wieder und betrachtete Gryphius als er nun mit Magie ihre Hand weites gehend heilte. Sie war wieder mal erstaunt, wie gut dieser Heilzuber mittlerweile auch bei ihr wirkte und ,seid Yridia Anar ihre „Wunde“, oder den „Fluch, je nachdem wie man es nun nennen wollte, war es doch irgendwie beides gewesen, versorgt oder eben entfernt hatte, nicht mehr schmerzte wenn er angewandt wurde. Ganz im Gegenteil. Es war zwar noch ungewohnt aber eben nicht unangenehm.

Lacy betrachtete ihre Hand als Gryphius seine Utensilien wieder zusammen räumte. Leicht nur schloss sie ihre Hand teilweise zur Faust, bevor sie sich erhob und zu Gryphius wieder blickte.

„Ich danke dir und ich…werde in den nächsten Tagen noch vorsichtig sein soweit es mir möglich ist mit der Hand, versprochen.“

Sie lächelte kurz und nickte sodann. Sira, ja sie mussten sich um die junge Frau kümmern. Wieder atmete Lacy tief durch, bevor sie langsam auf die Treppe zuging um diese nach oben zu steigen.

„Ja, das müssen wir…“

Lacy schossen noch ganz andere Gedanken durch den Kopf, aber sie musste diese erst einmal vertreiben. Denn es galt nun einzig Sira zu helfen und nicht darüber nachzudenken wie es nur hatte soweit kommen können. So stieg Lacy die Treppe hinauf und ihr blick glitt kurz durch den Raum bevor sie Alan bei Sira betrachtete und leise ihre Stimme erklingen ließ.

„Alan…? Wie geht es ihr?“

Lacy macht noch platz dass Gryphius ebenso hinauf kommen konnte.
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Rhianna Morgan
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Post by Rhianna Morgan »

Wie Porzellan schimmerte die Haut der jungen Frau, ihr Gesicht umrahmt von weichen Haarsträhnen. Ein schöner Anblick, auf seine Art, aber Alan stimmte er zugleich besorgt und traurig. Sie war wie eine Blume, die von einer Kruste aus Eis überzogen wird ehe es ihr gelingt voll aufzublühen.

Wieder wurde ihm bewusst wie nah er ihr war, wie unangemessen nah. Die Etikette, der er seit frühester Jugend gehorchte, gestatte ihm solcherlei Verhalten keineswegs. Nur gut, dass sie ihn nicht hörte, sie hatte auf seine Worte hin keinerlei Reaktion gezeigt. Besser, für sie und wohl auch für ihn. Hastig wollte er aufstehen, und strauchelte als sein steifes Bein halb unter ihm wegknickte. Gerade noch konnte er sich an der Bettkante abfangen, und dann mit einem Krampf im Oberschenkel an die gegenüberliegende Wand zurück humpeln. Entlang der zackigen Narbe auf seiner Hüfte, verdeckt durch dunklen Wollstoff, zog sich heisser Schmerz wie flüssiges Feuer. Als wolle die Wunde wieder aufreißen, um ihn für seine Unvorsichtigkeit zu bestrafen.

Der junge Barde sog wie von selber tief die Luft ein, einen Wehlaut unterdrückend, und in Gedanken jenen Wolf verfluchend. Jenen verdammten Wolf, der ihn vor einem knappen Jahr angefallen und beinahe getötet hatte. Bis jetzt war sich Alan sicher dass ihn nur die Feuer der Zwerge, diese Befestigungen der Klamm, gerettet hatten. Sie hatten das Tier daran gehindert ihn zu verfolgen.

Wieder sah er hinüber zu Sira. Auch er hatte in jenem Bett schon gelegen, um zu gesunden, er erinnerte sich gut an diese Monate. Blut hustend, Luthille an seiner Seite. Luthille...

Nach kurzem Zögern, und einem prüfenden Blick auf die Kranke, ging er hinaus auf den Balkon, und sah von hier aus weit über die Stadt, hinunter auf den Marktplatz und hinaus in Weiten der Wüste. Frieden durchströmte ihn, Frieden und eine Ruhe, die er nur an diesem einen Ort fand. Jeder andere Ort, alle anderen Menschen machten ihn auf Dauer nervös, und forderten ihn auf weiterzuziehen. Die Wanderung war seine Bestimmung, Varshikar dagegen war seine Heimat.

Der leise Pfiff flog hinaus in die noch kristallklare Luft, und Shadow landete weich auf der Brüstung, sein Schnabel kaum hörbar klappernd, die bernsteinfarbenen Augen, in denen Alan so oft seinen Bruder zu sehen meinte, wach und intelligent. Alans Hand wanderte unter sein zerschlissenes, altes Hemd und zog den Brief hervor, den er dort schon einige Tage mit sich herum schleppte. Den Brief an Luthille. Sein letztes Aufbegehren gegen ihren Beschluss. Sinnlos, redete er sich ein, aber Hoffnung keimte noch immer auf, sobald er nur ihren Namen las. Vielleicht würde sie sich nun erklären. Vielleicht liebte sie ihn noch...

"Hier, Shadow, du weißt ja wo der hin soll..."

Er selbst hörte sein Murmeln kaum, aber der Falke breitete raschelnd die schwarzen Schwingen und schoß südwestlich davon, bis er als kleiner dunkler Punkt am Horizont entschwandt.

Alan kehrte in das Zimmer über dem Archiv zurück, und betrachtete das Mädchen weiterhin. Sie war so still, so in sich gekehrt... Träumend am hellichten Tag, fernab der realen Welt. Ich wüsste gern, was sie in ihrem Schlaf sehen kann. Was sie dort drin festhält...
Sofort schalt er sich einen Trottel. Sie hörte ihn nicht, dann dachte sie auch an nichts und träumte nichts. Ihr Geist war völlig im Nebel versunken, so wie der seine in jener Winternacht, als er vor den Toren Goldburgs zusammenbrach und vergaß, dass er selbst je existiert hatte.

„Alan…? Wie geht es ihr?“

Er sah erschrocken auf, hatte er doch die beiden andern nicht kommen hören. Niedergeschlagen schüttelte er den Kopf, und deutete Lacy damit an was sie ohnehin wusste: Ihr Schützling war weder aufgewacht, noch hatte sich ihr Zustand verschlechtert.

"Sie schläft noch immer."

sagte er leise, einen Blick auf das Mädchen werfend.

"Gibt es denn noch irgendetwas was wir tun könnten um sie wiederzubeleben?"

Diese Frage galt vor allem Gryphius, den er auch vor allem ansah. Er hatte noch immer das dumpfe Gefühl, dass es Miss Nightshade nur seinetwegen so schlecht ging. Ihrer Freundin in die Augen sehen zählte nicht wirklich zu seinen Stärken.
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Gryphius
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Gryphius war Lacy dicht auf dem Fersen geblieben, und hatte sich neben ihr aufgebaut. Noch während er mit dem Tuch seine Finger sauberrieb, sah er sich dem nächsten Ernstfall gegenüber:

»Gibt es denn noch irgendetwas was wir tun könnten um sie wiederzubeleben?«

Betretenes Schweigen war die einzige Antwort, welche Gryphius in jenem Moment geben konnte, und er musste sich redlich mühen, seine innere Ratlosigkeit nach außen hin verborgen zu halten: Ein Lächeln zu zeigen - wie schwer dies Gryphius doch fiel, wenn es so wenig seiner inneren Gefühlslage entsprach. Doch wenn eine schmeichelnde Fassade in solch verzweifelter Stunde ein wenig Trost spenden konnte, überwog dies für Gryphius den Makel des Trugs und der Lüge, und so überspielte er seine inneren Zweifel, und trat gemächlichen Schrittes an den Bettkasten heran. Fast schon in väterlicher Weise legte er Alan kurz die Hand aufs Haupt, und suchte dem jungen Barden ein aufmunterndes Lächeln zu schenken, auf dass wenigstens zeitweilig die schlimmsten Sorgen von ihm weichen mochten, ehe er sich am Rande des Bettkastens niederließ, um das bewusstlose Mädchen näher in Augenschein zu nehmen.

»Sie ist nicht gestochen worden, oder?« fragte er Alan, wärend er sorgfältig den Puls der jungen Sira fühlte, ihre Atemfrequenz, ihre Stirn, und schwenkte seine Hand vor ihren Augen, ob ihre Pupillen noch auf das Licht reagierten. Im Grunde wusste er gar nicht recht, was zu tun war - mitnichten war er ein ausgebildeter Medico, wohl jedoch gegenwärtig derjenige, der einem solchen noch am nächsten kam. Es stand jedoch zu vermuten, dass selbst ein besser ausgebildeter Heiler hier an seine Grenzen gestoßen wäre, denn auf eine flüchtige Untersuchung hin war nichts zu entdecken. Siras Leib war weiter von Leben erfüllt, und nichts ließ auf eine Vergiftung durch Spinnensekret schließen - andernfalls wäre sie wohl schon tot gewesen, bevor Alan sie überhaupt in das Bett hätte bringen können. Wahrlich, es musste wohl so sein, dass sie ein Trauma erlitten hatte. Die Aufregung um die Spinnen war wohl zu viel für sie gewesen.

Ein Faktum war jedoch ebenso, dass es ungemein schwierig sein konnte, ein Trauma zu kurieren, da hierfür kein festgeschriebenes Rezept galt: Manchmal kamen sie sozusagen mit einem Fingerschnippen zurück, Einige wiederum nach einigen Nächten erst, doch Andere... kehrten niemals wieder zurück, verurteilt zum ewigen Siechtum im Bett oder schlimmstenfalls gar im Tollhaus. Doch diese Schreckensszenarien schob Gryphius geschwind wieder beiseite - noch war nichts entschieden, und mildes Zureden durch ihr wohlvertraute Gesichter mochte eventuell das Ruder herumzureißen, wenn man nur dabei beharrlich genug bliebe. Schweigend versuchte er weiter, Siras Augen eine Reaktion zu entlocken, während er auf Alans Auskünfte wartete.
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Rhianna Morgan
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"Nein, sie wurde nicht gestochen, so weit ich weiß..."

Verwirrt und ängstlich zugleich beobachtete er was der ältere Barde anstellte, um das Mädchen wiederzubeleben, und wartete ebenso auf eine Reaktion.

"Ich glaube nicht dass sie mitbekommt, was um sie her geschieht..."

murmelte er verzagt, biss sich dann auf die Unterlippe, jedes weitere Wort unterdrückend, mit einem besorgten Blick zu Lacy. Was noch konnte er tun? Wie konnte er dem Mädchen helfen? Ihm fiel nichts ein, für den Augenblick, er musste auf die beiden andern vertrauen. Sie kannten Miss Nightshade ohnehin besser.
Nervös friemelte seine linke Hand, durchzackt von der auch heute wieder blutroten Narbe auf dem Handrücken, an seinem rissigen und zerschlissenen Mantel, der wohl einmal blau gewesen sein mochte. Er sah aus wie die Verkörperung der Hilflosigkeit, blass im Gesicht, auch von Gryphius' väterlicher Geste nicht wirklich aufgerichtet.
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Lacy Dracu
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Post by Lacy Dracu »

Lacy nickte nur leicht zu Alans Antwort hin dass Sira noch immer nicht aufgewacht war. Innerlich fluchte sie, aber zeigte nichts davon nach außen hin. Sie betrachtete nun einfach nur Alan eine Weile. Sie ahnte dass sich dieser junge Mann wohl mindestens eine Teilschuld an der Situation gab.
Dennoch sagte sie jetzt noch nichts. Hinter sich bemerkte sie Gryphius der nun auch den Raum ganz betrat und sogar zu Sira trat.

Lacy beobachtete nun erst und ging so ihren eigenen Gedanken nach. Sie war sich mittlerweile sicher, warum Sira in diesen Schlaf gefallen war und irgendwo konnte sie es ihr nicht verdenken. Sie konnte nicht erwarten dass Sira so stark war wie sie selbst. Zu unterschiedlich waren ihre Leben. Aber sie wollte es nicht so zu ende gehen lassen. Was Sira tat mochte für sie vielleicht ein Ausweg sein aber Lacy wusste es besser und genau das musste Sira irgendwie verständlich gemacht werden.

Als nun Gryphius mit Alan sprach und dieser dann zu ihr blickte war seine Sorge ihm durchus ins Gesicht geschrieben oder eher in die Augen. Doch sollte er weniger wegen Lacy besorgt sein. Nun war es dann aber an ihr das sie weiter vortrat und dann leicht eine Hand auf Alans Schulter legte.

„Nun, zum einen, solltet ihr Euch keine Vorwürfe machen wegen dem was hier nun geschehen ist.“

Sie blickte kurz zu Gryphius und Sira bevor sie weiter sprach.

„Niemand trägt hieran eine Schuld und wenn doch, dann zu einem kleinen Teil ich. Denn ihr Zustand, so befürchte und denke ich, hat nichts mit der Spinnenattacke zu tun. Es war vielleicht der letzte Auslöser aber früher oder später hätte dies hier auch auf andere Weise geschehen können.“

Sie löste ihre Hand von Alans Schulter und trat näher an das Bett heran um sich darauf zu setzen, nahe von Siras Füßen. Sie seufzte leicht und blickt erst zu Sira und dann zu den beiden Männern.

„Ich habe so etwas schon...öfter erlebt. Die Flucht vor dem Leben und vor der eignen Zukunft die einem selbst missfällt. Für wahr, es ist keine gute Flucht. Denn sie führt einen nirgendwohin außer in sein eigenes Unterbewusstsein. Es mag ihr besser vorkommen als das was sie erwartet, aber das ist es nicht.“

Nun wandte Lacy den Blick wieder direkt auf Alan.

„Und, zu eurer Aussage, Sira hört uns sehr wohl, zumindest sollte sie es. Demnach, redet mit ihr, wann immer ihr Zeit findet, denn das werde ich auch tun. Ich hoffe das es ihr helfen wird. Es gibt zwar noch eine andere Möglichkeit aber…“

Lacy senkte nun einen Moment lang den Blick, bevor sie zu Sira blickte und tief durchatmete.

„Diese letzte Möglichkeit, würde ich nur ungern anwenden und auch nur dann wenn es gar keine andere Möglichkeit mehr gibt. Es ist eben fraglich wie lange ihr Körper dies mitmacht. Sie kann so weder Essen noch trinken und den Körper mithilfe von Zaubern am Leben halten wird auch nur eine bestimmte Zeitspanne lang funktionieren.“

Lacy erhob sich daraufhin vom Bett und trat ans Fenster um hinaus zu blicken. Sie machte sich eben genau deswegen Sorgen, dass die Zeit nicht ausreichte um Sira durch reden zurück zu holen.
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Sira Nightshade
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Auch wenn man es Sira nicht anzusehen vermochte, hatte Lacy vollkommen Recht mit ihrer Vermutung. Auch wenn sie nach außen hin wirken musste, als wäre sie einfach nur in tiefen Schlaf gefallen und würde jeden Moment wieder die Augen aufschlagen und dennoch keinerlei Reaktion darauf schließen ließ, so nahm der wache Teil ihres Verstandes jedes Wort, jede Regung um sie wahr, sofern diese hörbar oder spürbar war.
So auch Gryphius’ Bemühungen, ihren Zustand zu ergründen, wohl auf eine Regung, ein Anzeichen ihrerseits hoffend. Auf eine seltsame Art und Weise belustigte sie seine Bemühung beinah. Es war fast, als sei sie nur ein unbeteiligter Beobachter, oder besser Zuhörer, in dieser Szenerie, dem nicht ganz klar war, woher nur all die Sorge und Aufregung rührten.

Mir fehlt nichts….
Nein…
Mir ging es nie besser…
Niemand trägt Schuld…
Denn es gibt nichts woran man Schuld tragen könnte…
Vor meiner Zukunft fliehen? Wer kann es mir verdenken?
Flucht vor dem Leben? Nein… warum auch?
Endlich bin ich frei…
Warum freut ihr euch nicht für mich?

Doch keine Reaktion zeigte etwas von alledem. Ruhig und gleichmäßig war ihr Atem, wie ihr Pulsschlag. Lediglich ein seltsam verklärter, friedlicher Ausdruck lag auf ihren blassen Zügen.
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Rhianna Morgan
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Es war später an diesem Tag, der Abend senkte sich in grauer Kühle über die Wüstenstadt. Alan Dowlands dünner Mantel reichte nicht mal annähernd, um den Luftzug abzuhalten, aber er schien es nicht zu bemerken. Am Ufer der Oase hatte er sich niedergelassen, nachdem er den Sand nach Skorpionen untersucht und für ungefährlich befunden hatte.

Lacy hielt gerade Wache an Siras Bett, man hatte ihm nahegelegt sich auszuruhen. Ausruhen - als wäre es so einfach.
So einfach, sich hinzulegen und alles zu vergessen. Seine Hoffnungen auf Luthilles Antwort, verzweifelt, aber existent. Seine Gebete um das junge Leben über dem Archiv, ein Mädchen vielleicht zu schwach um noch Lebenswillen zu besitzen. Konnte Cherga so grausam sein?
Gorim hätte ihm nun raten können, hätte etwas zu tun gewusst. Gorim wusste meistens was zu tun war. Alan war derjenige von beiden, der meist für sie beide sprach. Gorim hatte für sie beide gehandelt. Seit er von ihm getrennt worden war, fehlte Alan etwas. Sein Halbbruder war von jeher eher so etwas wie seine zweite Hälfte gewesen. Ein Teil von ihm selbst.

Noch war Shadow nicht zurückgekehrt, aber der junge Barde blieb die ganze Nacht auf, und wartete darauf, dass die dunklen Schwingen sich auf seine Schulter herabsenken möchten. Nichts.

Ein neuer Morgen brach an, und Alan stand steif auf, sein beschädigtes Bein protestierte als er sich auf den Weg zurück in die Stadt machte. Es war an der Zeit, dass er Lacy ablöste. Sie hatte die ganze Nacht gewacht.

Als der junge Mann endlich die Treppe erklommen hatte, und oben ankam, bemerkte er überrascht dass Sira alleine war. Der Stuhl, der mitlerweile neben ihrem Bett stand, war verwaist, und selbst auf dem Balkon konnte er keine Menschenseele erblicken.
Alan nahm umständlich Platz auf dem Stuhl, und sah das wächserne Gesicht zwischen den hellen Laken nervös an. Was sagte man zu einer Schlafenden?

Entgegen seiner eigenen Vernunft, die ihm sagte dass das Mädchen ihm ohnehin nicht zuhörte, begann er zu sprechen, leise, aber bestimmt, um die Stille aus dem Gemäuer zu vertreiben. Was er da sagte? Er wusste selber nicht genau warum er so begann, anfangs war es eher ein Höflichkeitsgespräch aus Verlegenheit. Eine Flucht aus der Sinnlosigkeit dieses Krankenbesuches.

“Ich weiß in etwa wie Ihr Euch fühlen müsst, Miss Nightshade. Ich kannte einmal einen Barden, der selber schon wochenlang im Bett lag… Das wusstet Ihr nicht, hm? Doch, tat ich aber. Er hatte einen kleinen… Unfall auf dem Weg von Bane hierher, letzten Winter. Bis in den Frühling hinein war er zunächst ans Bett, und dann an den kleinen Raum gefesselt. Langeweile war sein schlimmster Feind, ich besuchte ihn oft um ihn abzulenken. Hätte er sich nicht so sehr nach Luthilles Nähe gesehnt, wäre er nie wieder auf die Beine gekommen, trotz Katarines Pflege. Luthilles Abreise gab letztlich den Ausschlag für seine Genesung, wie ich glaube.“

Nachdenklich sah er Sira an, wie sie da vor ihm lag, regungslos, ohne ein Zeichen ob sie ihn gehört hatte oder nicht. Weiterhin erzählte er, als wäre es nur eine Begebenheit, die Geschichte eines entfernten Bekannten.

“Ja, man könnte es fast Ironie nennen… Dieser Barde ging einst nach Bane, obwohl es Winter war, nur weil ein Mädchen das er nur einmal gesehen hatte, nach Varshikar gekommen war um ihn zu besuchen. Er nahm es als Zeichen, dass seine Gebete erhört waren, dass er ihr nicht ganz gleichgültig war. Männer sind Narren, nehme ich an, das ist unser Schicksal. Narren sobald es um Frauen geht. Auf dem Weg nach Bane wurde er von einem Wolf angefallen, und konnte sich nur mit Not in die rettende Stadt schleppen. Dort fand er besagtes Mädchen nicht, obwohl er sie tagelang suchte, wie er mir erzählte, und gab schließlich auf um vor den großen Schneefällen wieder in Varshikar zu sein. Seine Beinwunde war noch nicht verheilt, er bekam unterwegs Fieber, und wurde wieder angegriffen, leider erinnerte er sich später nicht mehr an besonders viel. Luthille und ein Bekannter fanden ihn am Wegrand, und brachten ihn hierher aufnehmen konnten. Luthille blieb hier bei mir, und half mir ihn beinahe gesund zu pflegen. Erst als feststand dass er überleben würde, und der Frühling Einzug gehalten hatte, kehrte sie nach Troll’s Bane zurück um dort zu arbeiten. Sie ist Bardin, genau wie dieser junge Mann…

Wie gesagt, erst ihre Abreise brachte ihn dazu, schneller wieder auf die Beine zu kommen, und ihr zu folgen sobald er die Erlaubnis der Medici hatte.“


Alans nun folgendes Lächeln war erfüllt von Bitterkeit, obwohl er seine Stimme in genau dem täuschend leichten Ton fortfuhr.

“Erneute Ironie, dass sie ihn abwies, kaum dass sie einander dort getroffen hatten. Erst verstärkte sie seine Liebe, dann aber erklärte sie ihm dass es Zeit für eine Trennung sei. Sicher beabsichtigte sie nicht, ihn zu verletzen… aber ihr muss klar geworden sein dass sie nicht zueinander passten. Sicher fragt Ihr Euch jetzt was aus dem Barden wurde, Miss Nightshade. Er ist fort, verschwunden und kehrt womöglich nie wieder. Vielleicht ist er sogar tot…“

Noch eine ganze Weile saß er da, und machte kleine Bemerkungen über die Sonne, die mit ihren feinen, tanzenden Strahlen Lichtpunkte auf die Leinendecke malte, über die Vögel, die draussen ihr Lied anstimmten, und darüber dass sein Falke noch nicht zurück sei, aber hoffentlich bald kommen würde.
Immer wieder murmelte er vor sich hin:

"Was für ein Unsinn, sie hört dir ohnehin nicht zu..."

Aber als könne er es nicht unterdrücken, sprach er immer weiter, bis er bemerkte dass die Sonne bereits hoch am Himmel stand.
Seufzend stand er auf, und berührte dabei leicht ihre Hand, die seine sogleich wieder zurückziehend. Verlegen machte er noch eine einzige Bemerkung über das, was er zu Beginn erzählt hatte, als müsse er sich rechtfertigen oder entschuldigen für das Gesagte.

“Mmh, das war die Geschichte von Luthille und dem jungen Barden. Solche Geschichten klingen immer viel besser, wenn man sie erzählt als wären sie wirklich geschehen, nicht wahr, Miss Nightshade? Ich denke ich komme bald wieder vorbei, es gibt noch so manche Geschichte die Euch vielleicht interessiert… Würde Euch das gefallen?“

Einen Moment lang verharrte er, als würde er ernsthaft auf eine Antwort warten, dann wandte er sich ab und ging mit hängenden Schultern hinaus, erst an der Tür drehte er sich um und wiederholte leise:

“Bis bald.“
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Gryphius
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Gedankenverloren rollte er das Pergament nach dessen Lektüre zusammen, und legte es ab auf dem Wust an Schriften, die noch abzuarbeiten waren. Byron Gantenkiel vom Dekanat der Bardenschule von Mitsobar hatte eine Anfrage gesandt, ob nicht Gryphius willens wäre, dort ein Gastseminar abzuhalten. Und in der Tat: Gryphius kam nicht umhin, sich vor seinem inneren Auge auszumalen, wie dies wohl in der Realität aussehen mochte, ginge er auf dies Angebot ein. Schon lange, sehr lange nicht mehr war er von dieser Insel heruntergekommen, und auch auf Gobaith selbst war seine Mobilität nun sehr eingeschränkt - nicht nur, weil er häufig Stunden brauchte, um überhaupt erst den Marktplatz von Varshikar zu überqueren, weil er in aller Regel kaum mehr eine freie Minute hatte, sowie er aus den Archiven ins Freie getreten war, sondern auch, weil er nun ein Krüppel war. Pellandrias tollwütige Stockschläge hatten zwar nicht ihr Ziel erreicht, ihn dem Tod zuzuführen, jedoch hatten sie die chronische Verletzung, die noch auf Dominic Fisher zurückging, wieder aufgewühlt, und zuzüglich neue hinzugefügt. Nun war er wieder auf Gedeih und Verderb auf einen Krückstock angewiesen, und musste sich wie eine Schildkröte im Sand jede einzelne Elle erkämpfen, die er zurücklegte.

Djironnyma - oder zumindest jener, der sich als solcher ausgab - hatte wohl sein Bestes getan. Vielleicht könnte er sogar noch mehr tun, würde Gryphius sich zu ihm bemühen, doch ein innerer Widerwillen hielt ihn ab. Weniger war es die Verwunderung über Djironnymas gravierenden Gestalten- und Verhaltenswandel, sondern eher wohl, weil sich in ihm einfach die Gefühlregung nicht verdrängen ließ, dass er eventuell sogar verdientermaßen von Pellandrias Rache getroffen worden war. Marie war tot, und unablässig fragte er sich, ob er nicht mehr hätte tun können, um sie zu retten. Seine Frustration und die Übermüdung, die ihn gerade erfüllte, als Marie wirr und fantasierend im Ort auftauchte, hatte ihn dazu verleitet, sie zur Pflege von einer Hand in die nächste zu reichen, und er war am Ende gar schon so weit, sie sich selbst zu überlassen - ein ungeziemliches Verhalten für einen Varshikari. Nein, weit mehr: Es war Eidbruch. Eidbruch mit Todesfolge. Ihm war klar, dass nur eine Konsequenz daraus folgen könnte, sollte die Glaubhaftigkeit des Eides gewahrt werden. Und er trug die Verantwortung für diesen Vorfall. Verantwortung zu tragen, bedeutete nichts Anderes, als im entsprechenden Fall für Versagen schwere Strafen erdulden zu können.

Doch eines sollte nicht unversucht bleiben: Weiter oben lag eine junge Frau - schwer gezeichnet von einem grausamen Trauma - und weigerte sich standhaft, mit ihrem Geist in die Welt der Lebenden zurückzukehren. Gryphius war bislang noch nicht dazu gekommen, einen konzentrierten Versuch zu ihrer Rettung zu unternehmen, doch nun wurde seine Zeit knapp: Wenn er sich auch nur die leiseste Hoffnung auf Tilgung seiner Schuld leisten wollte, musste er endlich handeln. Und so streckte sich seine Linke nach seinem Krückstock, und beidhändig musste er sich mühsam an diesem hochziehen, da seine fast schon tauben Beine kaum mehr den Leib eines Kindes hätten tragen können. Ungelenk rang er sich an den Stuhlreihen des Archivs vorbei, und machte sich an den mühseligen Kampf, mit vor Anstrengung verzerrtem Antlitz die Treppenstufen zu erklimmen. Mehrere Minuten brauchte er, bis er sie schließlich bezwungen hatte, und die immer noch schlafende Sira erblickte. Erschöpft schleppte er sich zum Bettkasten hinüber, und ließ sich an dessen Rand nieder. Schön und lieblich sah sie aus, gleichwohl auch friedlich und blass; wie eine hohe Elfenkönigin, aufgebahrt auf Samtkissen in einem Meer aus Nachtengelsblüten, die zu ihrer letzten Ruhe gebettet wurde. Mit jedem Tag schwand die Hoffnung, sie wieder zurückzuholen. Einmal noch müsse er sich auf seine größte Stärke besinnen: Der Kraft des Wortes. Er schloss seine Augen, und richtete ein kurzes Gebet an Sirani, auf dass sie seine Worte beseelen möge, um wieder Licht zu tragen in die dunkle Ummantelung der seelischen Tiefen, welche da Sira verschluckt hielten. Er legte seine Hand an ihre Wange, beugte sich etwas herab, und raunte Sira leise und ruhig eine Geschichte ins Ohr:

»Es ward erzählt einst von einem Gnom, der immer gern des nachts seine Höhle zu verlassen pflegte, um die Sterne zu betrachten, wie sie dort blitzend und glitzernd sich über das nächtliche Himmelszelt erstreckten. Und immerzu rührte sich tiefe Zufriedenheit in ihm, wenn er 'Bilder' in den Sternen erkannte, sie aufmalte, und seine Höhle mit ihnen ausschmückte. Er war sehr zufrieden, doch eines Nachts, als er sich wieder in der Schönheit der Sterne verlor, ... wurde er von zwei 'Wegelagerern' beraubt, bespuckt, und nackt auf der Wiese zurückgelassen. So verängstigt und verstört war er, dass er sich fortan nicht mehr aus seiner Höhle heraus wagte. Dekade über Dekade zog ins Land, die Sternenbilder an der Wand verblassten, und der Gnom ward schon halb 'Greis', der sich lange schon nicht mehr des prächtigen Glanzes der Sterne zu entsinnen vermochte. In Gram schmachtete er im Kerzenschein vor sich hin, wälzte immer und immer wieder in den selben Büchern, bis er sie auf das letzte Wort genau kannte. Ein trostloses Dasein fristete er, scheinbar auf ewig gefangen durch seine 'Angst'. Doch eines Nachts riss ihn ein 'Rumpeln' aus dem Schlaf: Viele, viele Jahre lang hatte die Witterung am Berg genagt, und war letztlich zu der Innenwand seiner Höhle vorgedrungen. Der Frost hatte ein Loch in die nun dünne Felswand gebrochen, und gab den Blick nach draußen frei: Sternenklarer Nachthimmel draußen, ungetrübt von auch nur einem Wolkenfetzen. Das erste Mal seit Jahrzehnten, seit einer halben Ewigkeit... sah der Gnom wieder, was er über all die Zeit so schmerzlich vermisst hatte. Und er ward wieder glücklich.«

Er hob seinen Kopf wieder, als er die Geschichte vollendet hatte, und sein Augenmerk richtete sich auf das Fenster. Die letzten Sonnenstrahlen für den Tag erkämpften sich ihren Weg in die Stube, und schwer wurde Gryphius das Herz. »Ihr seid 'jung', Sira - jung und schön. Wartet nicht erst, bis auch ihr in eurem Siechtum vergreist seid, denn wo ihr euch jetzt aufhaltet, 'gehört' ihr nicht hin. Ihr werdet dort nichts finden, was euch innerlich nähren wird. Wacht auf, Sira. Wacht auf... ich 'bitte' euch!« Seine leicht zittrigen Hände suchten wieder nach seinem Krückstock, und er machte sich daran, sich wieder in eine aufrechte Haltung zu kämpfen. Er wollte einfach nur noch weinen, doch es ging nicht mehr.
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Sira Nightshade
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Die Tage vergingen und mit ihnen kamen und gingen jene, die sich um Sira sorgten. Manchmal blieben sie nur ein paar Stunden, oder nur eine kurze Weile, manches Mal wachte jemand die ganze Nacht an ihrem Bett. Doch ihr Zustand blieb unverändert und, wohl nicht zuletzt Dank Lacys Fürsorge, zumindest stabil. Dennoch, noch immer hatte sie keine Regung gezeigt, kein Anzeichen, dass darauf hätte schließen lassen, dass sie den Willen besaß, sich aus dieser trügerischen Umklammerung zu lösen und ins Leben zurück zu finden.

Als Alan den Raum betrat, löste sich ein Teil ihrer Gedanken aus den verworrenen Tiefen in die sie immer dann versank, wenn sie sich selbst überlassen war. Nicht einmal sie selbst hätte sagen können, worum ihre Gedanken dort kreisten, denn jeder einzelne schien sich ihrem Bewusstsein so schnell wieder zu entziehen, wie er aufgetaucht war, wie dünne Nebelschwaden, nicht wirklich greifbar, aber dennoch da.
Nun aber war ein Teil ihres Bewusstseins wieder and Rand dieser Wirren hinauf getrieben und lauschte den Worten des Barden. Fast schon überrascht stellte sie fest, wie angenehm die Stimme des jungen Mannes ihr vorkam. Doch so unbeteiligt, wie er es zu klingen lassen versuchte, so unbeteiligt war jener Teil ihres Bewusstseins als Zuhörer und dennoch, sie lauschte ihm in gewisser Weise aufmerksam, vernahm und überdachte jedes Wort. Vielleicht sogar deutlicher, als sie dies je in ihrem Leben getan hatte.

Ihr wisst wie ich mich fühle?
Wohl kaum…
Diesem… Barden ist Leid zuteil geworden…
Ich hingegen… bin zufrieden…
Glücklich?
Ich weiß es nicht…



Die Liebe ist eine seltsame Sache…
Man sagt, sie sei etwas Wundervolles…
Doch sie brachte ihm am Ende auch nur Leid…

Mit der Liebe ist es wie mit der Freiheit…
Beide verheißen Glück…
Beide sind unerreichbar für mich…
Ich darf nicht lieben…
Ich kann nicht frei sein…

Doch euer Freund kann es…
Ich wünsch’ ihm Glück…
Oder… euch…



~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~


Auch wenn ihr Zustand weder als wach, noch als wirklich schlafend bezeichnet werden konnte, selbst wenn dies natürlich nach außen hin nicht zu erkennen war, so driftete ihr Bewusstsein hin und wieder in Träume ab, vor allem, wenn sie allein in jener Kammer über dem Archiv lag. Bilder, Gefühle, Erinnerungen.

Nicht jede dieser Erinnerungen war von Leid geprägt. Es waren auch viele schöne darunter.

Der Abend vor ihrem achten Geburtstag. Ihre Familie, wie sie zusammen am Feuer gesessen. Sie hatten nicht viel und es war alles andere, als einfach. Doch sie hatten einander. Ihr Vater war an jenem Abend spät nach Hause gekommen und auch die Dienste ihrer Mutter waren an jenem Tag noch sehr lang in Anspruch genommen worden. Sie alle waren erschöpft gewesen, doch wollten sie sich diesen Abend nicht nehmen lassen. Denn immer noch hatten sie einander. Es war ein Abend voller Lieder und Geschichten. Einer der schönsten, an die sie sich noch zu erinnern vermochte. Am nächsten Tag sollte auch sie fortan in den Dienst in der Burg gestellt werden…

Doch nicht alle dieser auftauchenden Erinnerungen waren so friedvoll. Das Bild änderte sich…

Es war noch im selben Jahr gewesen. Es war ein kalter Abend. Am Morgen war der erste Schnee des Jahres gefallen. Die Sonne hatte sich bereits dem Horizont zugeneigt, als ihr Vater sie holen gekommen war. Nie würde sie den Ausdruck auf seinen Zügen vergessen. Aschfahl und fast versteinert hatten sie gewirkt und in seinen Augen hatte ein Ausdruck tiefster Hilflosigkeit gelegen. Ihre Mutter war an der Tür zurück geblieben, als sie das Haus verlassen hatten. Zwar hatte sie es zu verbergen versucht, doch Sira waren die Tränen in ihren Augen nicht entgangen.
Die Schatten wurden immer länger, als sie schließlich den kleinen Platz auf dem westlichen Burghof erreicht hatten. Kein einziges Wort hatte ihr Vater gesprochen, doch hielt er ihre Hand so fest gedrückt, dass es fast schmerzte. Auf dem kleinen Hof war nicht viel zu sehen. Nur eine steinerne Bank, zwei bewaffnete Wachen und ein Mann in dunkler Kleidung, dessen Gesicht ihr bis heute nur als hässliche Fratze in Erinnerung geblieben war. Hinter dem Mann flimmerte die Luft von der Hitze eines Kohlebeckens, als er das glühende Eisen aus den Kohlen zog…

Plötzlich verloschen die Bilder wieder und jener Teil ihres Bewusstseins wurde an die Oberfläche gezogen, als Gryphius seine Hand an ihre Wange legte. Es dauerte einige Augenblicke, ehe seine Worte wirklich zu ihr durchdrangen und dennoch wirkten sie in diesem Moment unwirklich klar auf ihren aufgewühlten Geist. Was sie säten, waren Zweifel und Unsicherheit.

Bin ich wirklich wie jener Gnom?
Ist es das, was ihr glaubt zu sehen?

Vielleicht habt ihr Recht und ich gehöre nicht hier her…
Vielleicht erwartet mich hier wirklich nichts…
Doch in eure Welt gehöre ich ebenso wenig…
Dort erwartet mich nur Leid und Kummer…
Wo also gehöre ich hin?
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Lacy Dracu
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Lacy saß noch die ganze Nacht bei Sira und hielt einfach nur Wache. Ihr gingen viele Dinge durch den Kopf während sie das so bleiche Mädchen einfach nur betrachtete.

Vielleicht hätte ich sie nicht mit nach Ar-Sikar nehmen sollen. Sie kannte nichts von dem in dieser Form wie es dort nun mal war. So anders als das was sie gewohnt ist. Dort konnte sie wirklich frei sein und tun was ihr Herz begehrte. Sie musste nicht dienen wie sie es sonst nur tut.

Lacy seufzte leicht und rieb sich den Nacken, den Blick nun gen Boden gerichtet.

Was denk ich eigentlich. Es war richtig sie mit zu nehmen. Sie musste, sollte einmal etwas anderes erfahren als das was sie gewohnt ist.

Langsam erhob sich Lacy von dem Stuhl der am Bett stand und ging zum Fenster hinüber um hinaus zu sehen. Es war noch immer Nacht, wenngleich diese schon weit vor ran geschritten war.
Sie schüttelte leicht den Kopf und ging zurück zu dem Bett. Lacy sah nochmals zu Sira und nahm in dem Moment auch schon ihren Umhang vom Stuhl und warf sich diesen über.

„Ich werde später wieder kommen…versprochen Sira.“

Sie brauchte etwas frische Luft und ein Spaziergang war sicherlich nicht falsch. Zumal sie sich sicher war das im laufe des nahenden Tages sicherlich noch jemand nach ihr sehen würde, wenn nicht sogar Lacy selbst. Aber das würde sich wohl erst später entscheiden.

So verließ Lacy das Archiv und setzte ihre Schritte gen Wüste. Dort mitten in der Einsamkeit des Sandes fand Lacy wie so oft einen eher ungefährlich wirkenden Platz an dem sie sich ihrer Meditation hingab.

Es vergingen ein paar wenige Tage bis Lacys Schritte sie wieder in das Archiv führten. Selbst für sie gab es doch einige Dinge zu tun. Nachdenken gehörte in diesen Tagen auch recht oft dazu. Sehr oft waren ihre Gedanken bei Sira. Sie machte sich große Sorgen um sie, auch wenn sie dies wohl niemandem wirklich zeigte und jetzt auch nichts mehr darauf hindeutete. Es hatte nur einen Ausbruch gegeben der dies vermuten ließ und der lag auch schon eine Weile zurück.

Lacy betrachtete ihre Handfläche. Die Schnitte waren, vor allem durch Gryphius Hilfe, so gut wie wieder verheilt. Es war sehr selten, dass sie sich solchen Gefühlsregungen hingab. Sie schloss ihre Hand zur Faust und betrat sodann leise das Archiv. Es war wohl Gewohnheit denn durch allzu lautes poltern würde sie Sira wohl kaum wecken können.

Sie atmete kurz leicht durch bevor sie sich der Treppe zuwandte und dann, doch kurz Stirn runzelnd innehielt als sie eine Stimme vernahm, welche sie wohl allzu gut kannte. Einige Schritte ging sie noch höher nach oben, bevor sie innehielt und einfach nur eine Weile lang lauschte. Sie wollte nun nicht einfach so stören und Gryphius in seiner Erzählung unterbrechen. Sie verstand zwar nicht jedes einzelne Wort aber genug um kurz leicht zu lächeln ob seiner Geschichte und dem damit einhergehenden versuch Sira zur Rückkehr zu bewegen.

Lacy erklomm die letzten Stufen nach oben und ging langsam und wohl auch sehr leisen Schrittes auf Gryphius zu. In seinen letzten Worten die er an Sira gerichtet hatte lag soviel Wahrheit und doch, Lacy wusste nicht ob es reichen würde. Natürlich hoffte sie es einfach, auch wenn es schon etwas fremdes für sie geworden war, schlicht zu hoffen.

Sie musterte Gryphius einige Sekunden lang bevor sie leicht ihre Hand auf seine Schulter legte. Aber ihren Blick richtete sie in dem Moment dann auf Sira.

„Noch keine Besserung…“

Es war weniger eine Frage als nur eine schlichte Feststellung. Denn es war offensichtlich, dass Sira noch immer in sich selbst zurück gezogen war.

Dann erst wandte sie Gryphius ihren Blick wieder zu und sah ihn an. Natürlich wieder eine perfekte Maske tragend die keine ihrer Gefühle offenbarte. Weder jene Sorge um Sira noch irgendeine Art von Gefühlen die sie für Gryphius in sich trug.

„Und..wie geht es dir?“

Lacy deutete nur mit einem leichten nicken auf die Krücke, mit der sie ihn schon zuvor gesehen hatte, aber keine Antwort darauf erhielt warum er diese nun wieder nutzen musste, zumindest keine die sonderlich glaubhaft Klang in ihren Ohren.

Es war nicht zu verhindern, dass ihr dennoch eine der ersten Begegnungen mit Gryphius in den Sinn kam, wo sie es noch gewesen war die ihm eine Krücke aus einem alten Dreschpflegel zusammen gebastelt hatte. Es war wohl einige Zeit nach dem Attentat auf Gryphius gewesen. Sie empfand es schon seltsam an was man sich in gewissen Situationen alles erinnerte.
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Gryphius
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Schließlich hatte er sich vom Bettkasten hochgekämpft, und stand nun etwas labil auf seinen Krückstock gelehnt. Er fühlte sich elend: Ausgerechnet die wenigen Tage, die ihm noch in der Wüstenblume blieben, mussten ihm nochmals auf solch schmerzliche Art einbläuen, wie begrenzt doch letztlich das Wirken seiner Worte war. Vielleicht hatten sie nun, infolge seines Alterns, zu viel von ihrer Kraft eingebüßt, oder Sirani hatte ihnen den Segen entzogen, um ihn für seine Momente der Schwäche zu strafen. Was auch immer dafür verantwortlich war: Er war machtlos, Sira aus ihrem Siechtum aufzuerwecken. Anderen würde nun die Aufgabe zufallen, für Siras Wohlergehen Sorge zu tragen, und hoffentlich erfolgreich sein, wo er versagt hatte.

»Noch keine Besserung…«

Er mied ihren Blick als, er gebeugt den Kopf schüttelte, und mit tieftrauriger Stimme flüsterte: »Nein. Sie ist schon weit, weit weg - ich komme dagegen nicht an. Alle Hoffnung ruht nun auf den Priestern, und auf dem jungen 'Alan'. Ich halte große Stücke auf ihn. Er wird es schaffen.«

Was er nicht aussprach war, dass er in Alan gewissermaßen sein eigenes Abbild in jungen Jahren erkannte. Auch wenn ihm nun nicht mehr die Zeit blieb, dessen Mentor zu werden, so hoffte er doch insgeheim, dass Alan ihn geistig beerben, und den leerstehenden Platz ausfüllen würde, den Gryphius zu hinterlassen bevorstand. Er hatte seine Entscheidung gefällt: Er wollte das Angebot von Byron Gantenkiel annehmen, und den Lehrstuhl in Mitsobar übernehmen.

»Und..wie geht es dir?«

Einige Momente stand er einfach regungslos da, denn was hätte er schon sagen sollen? Dass es Pellandria gewesen sei, die ihn zum Krüppel geschlagen hatte? Dass er dem ständigen Druck der Verantwortung nicht mehr gewachsen war, und deswegen gehen würde? Dass er zu weich dazu sei, täglich in der Verantwortung für das Leben seiner Mitbürger zu stehen? Oder.. dass er Varshikar so sehr liebte, dass es ihn irgendwann umbringen würde, ginge er nicht ins Exil? Nein, das brachte er nicht über sich. In Lacy zu alledem noch verzweifelte Wut zu entfesseln, die sie vielleicht in ihren eigenen Untergang treiben würde, wollte er sich nicht zur Schuld machen.

»Es macht sich.« raunte er leise, und schlurfte wieder der Treppe entgegen, offensichtlich unwillens, weitere Gespräche zu führen. Er galt nun Vorkehrungen zu treffen.
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Lacy sah zu Gryphius und obwohl sie wohl gern mit ihm noch gesprochen hätte, nickte sie einfach nur und sah zu wie er die Treppe wieder hinab ging. Sie spürte wohl seinen unwillen nun noch mehr zu reden und deswegen, sagte sie nichts. Lacy konnte ja nicht ahnen das er gehen würde, denn sie wusste ja nichts davon.

Sie seufzte leicht und wandte sich dann Sira zu. Sie ließ sich langsam auf dem Stuhl an ihrem bett nieder und senkte dann doch leicht den Blick.

„Da geht er wieder und scheinbar hat er dich auch nicht wirklich erreicht Sira. Hm...oder vielleicht doch, nur reagierst du auch dieses mal nicht darauf.“

Lacy sah wieder auf und fuhr sich leicht durch das Haar.

„Irgendwie gebe ich mir sogar etwas die Schuld an deinem Zustand Sira. In Ar-Sikar konntest du wahrhaftige Freiheit kosten und du musstest nicht wirklich an das Morgen denken. Aber vielleicht wurde dir dort auch nur zu deutlich im nachhinein bewusst was in einigen Wochen passieren wird oder eher sollte.“

Sie schloss kurz die Augen und erhob sich wieder von dem Stuhl nur um tief durchzuatmen und ihre Augen wieder zu öffnen. Lacy ging einige Schritte bis ans Fenster.

„Dennoch ich, hatte dir gesagt und auch versprochen dass ich dich und deine Familie frei …bekommen würde. Auf die eine oder andere weise. Aber einfach ist es eben nicht.“

Sie drehte sich wieder zu Sira um und trat an ihr Bett. Lacy stützte ihre Hände auf dem Bett ab und beugte sich zu Sira hinab.

„Sira, ich weiß du denkst dies ist die Lösung für dich und das alles wunderbar und friedlich erscheint. Aber, dein Körper kann so nicht lange überleben. Es lässt sich zwar einige Zeit hinaus zögern durch Magie, aber das auch nicht ewig.“

Sie seufzte und stieß sich vom bett wieder ab um sich dann wieder auf den Stuhl zu setzen.

„Was meinst du wird dieser „lord“ tun wenn er hiervon erfährt?“

Lacy schüttelte den Kopf. So konnte es einfach nichts bringen. Sie konnte es wohl hören, dass nahm Lacy an, aber wahrscheinlich nicht in den richtigen Zusammenhang bringen.

„Sira, ich weiß du meinst wir alle sollen uns keine Sorgen um dich machen, aber genau das tun wir.“

Lacy fuhr sich erneut durch ihre dunkel blonden Haare. Sie war nicht wirklich gut in solchen Dingen. Zumindest nicht mehr. Wieder mal wurde ihr deutlich wie sehr der Tot einer geliebten Person einen verändern kann, selbst wenn jener schon so viele Jahre zurück liegt.

„Hm…vielleicht…gefällt dir ja..mein Lautenspiel ein wenig. Und denk nun ja nicht so etwas wie „das ist nicht nötig Mylady.“ Du..solltest ja…wissen das ich…so was nicht mag.“

Sie räusperte sich leicht und nahm ihre Laute aus der Tasche. Einige Momente lang musste Lacy überlegen, bevor sie dann begann die Melodie einer Ballade aus ihrer Heimat zu spielen. Sanfte, tragende Klänge entlockte sie der Laute. Sie schloss dabei die Augen und es war stellenweise mühsam dazu nicht auch zu singen.

Lacy spielte fast die ganze Nacht hindurch für Sira, bis sie sich kurz vor dem Morgengrauen von ihr verabschieden musste, da noch andere Aufgaben auf sie warteten.
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Rhianna Morgan
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Der Morgen streifte die Wüstenstadt mit angenehmer Kühle, und es versprach ein sonniger Tag zu werden. Alan warf mal wieder einen nervösen Blick umher, noch immer kein Zeichen von Shadow, so allmählich wurde es ihm unheimlich. Wenn dem Tier etwas zugestoßen wäre... Auf seltsame Art und Weise hatte er so viel Angst davor, als müsse er seinen Bruder ein weiteres, ein drittes Mal verlieren. Luthilles Schweigen brannte in seinem Herz, langsam aber sicher kam er zu der Erkenntnis dass es wirklich, wahrhaftig aus war. Dass sie ihm nie antworten würde. Ihr Schicksal war ihm seltsamerweise nicht halb so wichtig wie das des Vogels, der Gedanke daran ließ ihn erbeben. Noch immer bedeutete sie ihm viel, aber es war als würde er in einer langen Krankheit den Appetit auf das Essen verlieren, oder in einem zu langen Untertauchen die Lust auf das Atmen.
Er musste mit jemandem sprechen. Nicht mit Katarine, obwohl sie ihm so teuer war wie eine ältere Schwester, oder sogar wie seine Mutter. Er vertraute ihr restlos. Nur wollte er keine Ratschläge hören. Er wollte keine Schimpftirade auf Luthille hören, und kein Mitleid erfahren in seinem Elend. Er wollte nur sprechen, sprechen und hernach den Stein auf seinem Herzen etwas leichter empfinden.
Unwillkürlich lenkte er seine Schritte zum Archiv, und die Treppe hinauf, er selbst wusste nicht was er tat bis er oben an der Schwelle stand und ihm mit einem Mal bewusst wurde was er hier machte.
Er atmete tief durch, und sagte sich dass er nicht erwähnen müsse was er eigentlich sagen wollte. Er konnte auch ganz natürlich und offen über etwas anderes sprechen. Über irgendetwas. Sie hörte es ohnehin nicht.

Sanft stellte der Barde seine Laute ab, ehe er sich wieder auf dem Stuhl niederließ.

“Wie ich sehe seid Ihr immer noch nicht wieder aufgewacht. Schade eigentlich, ich hätte Euch auch ein Lied vorgesungen… oder Euch ein Rätsel aufgegeben, damit Ihr was zu tun habt.“

Eine Zeitlang sah er zu wie sie atmete, und schwieg dabei, die Stille auf sich einwirken lassend. Endlich gab er sich einen innerlichen Ruck, und begann wieder den Raum mit seiner leisen, goldenen Stimme zu füllen.

“Erinnert Ihr Euch noch an den Barden von dem ich Euch erzählte? Offenbar ist er wieder im Lande… er sagte mir dass er einen Brief an Luthille geschrieben habe, einen langen Brief. Sie hat bisher nicht geantwortet, ich fürchte allmählich dass er wieder enttäuscht werden wird. Aber sagt es nicht Katarine – seit Luthille ihn verlassen hat denkt sie nicht besonders gut von ihr. Katarine will mich eben beschützen.“

Es dauerte einen Augenblick, ehe ihm klar wurde was er da grade gesagt hatte. Stotternd verbesserte er sich selbst, alles andere als überzeugend:

“Ich meine… sie versucht ihn zu beschützen. Nicht mich, wovor sollte sie mich…“

Fahrig fuhr er sich mit den Fingern durchs Haar und faltete dann die Arme vor der Brust, nervös erst ein Bein überschlagend, dann das andere, ehe er sie wieder nebeneinander abstellte, seine Armhaltung korrigierend. Vor lauter Verlegenheit wurde er leuchtend rot, und begann hastig weiterzureden, um der Situation die Peinlichkeit zu nehmen.

“Nur gut dass Ihr das ohnehin nicht mehr wissen werdet wenn Ihr aufwacht… besser so. Ich meine, da ist nichts dabei… wir haben alle… aber trotzdem… Nein, ist besser wenn Ihr das alles einfach vergesst. Findet Ihr nicht auch? Ich meine, ist ohnehin nicht interessant… Ich kann mir nicht vorstellen dass das jemanden… also wirklich nicht.“

Verlegen stand er schließlich auf, und brummte etwas von wegen er würde am nächsten Tag wieder vorbeischauen, habe noch etwas zu erledigen. Fluchtartig verließ er das Zimmer. Draußen lehnte er sich an die Wand, mit einem Mal eher blass denn rot. Er musste längere Zeit mit geschlossenen Augen durchatmen, ehe er sich so weit gefasst hatte dass er wieder er selbst zu sein schien, zumindest nach außen hin.
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Sira Nightshade
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Noch immer schien ihr Zustand unverändert. Nicht einer Regung wollte von der jungen Frau ausgehen. Zumindest nach außen hin....

((Sorry, Leute. Ich werd den Post später noch erweitern und ihre Gedanken einbringen, aber im Moment hab ich einfach nicht den Kopf dazu. So könnt ihr aber wenigstens weiter machen, wenn ihr wollt.))
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Rhianna Morgan
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Langsam kam Alan herein, und setzte sich auf seinen Stammplatz, die Laute heute aber auf dem Schoß lassend.

“Ich dachte mir, wenn Euch Geschichten nicht aufwecken… vielleicht ein Lied. Ich kenne nichts das so mächtig ist wie die Musik, Ihr etwa?
Ich habe gestern zwei neue Lieder gedichtet, eines das ich schon lange für meinen Bruder schreiben wollte, und eins… Dazu komme ich noch, wenn Ihr dann wach seid. Eigentlich ist Gorim ja nicht mein Bruder, sondern mein Halbbruder… wie das eben so ist. Ihr seid aus Albar, vielleicht habt Ihr schon von meinem Vater gehört, Brom von Bragona. Gorim ist sein jüngster legitimer Sohn. Wusstet Ihr das?
Gorim war auch hier, auf Gobaith, vielleicht seid Ihr ihm ja begegnet. Ich hatte dieses Glück nicht. Wir waren sehr gute Freunde, Gorim und ich, er war nur sehr… eigen. Ja, eigen ist das richtige Wort, nehme ich an. In sich gekehrt, er hasste es seine Gefühle offen zu zeigen, er empfand dies als schwach. Ich wusste trotzdem immer wie er sich fühlte, es ist leichter seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen als sie zu verbergen. Gorim war schon immer stark.“


Alan beobachtete wie die Sonne leuchtende Kringel auf die Bettdecke malte, und erinnerte sich an die vielen Begebenheiten, die Erinnerungen die nur er und sein Halbbruder geteilt hatten.

“Es heißt mein Bruder sei tot, und tief im Innern weiß ich dass dies die Wahrheit ist. Sonst wäre sein Falke auch nicht bei mir… Sicher erinnert Ihr Euch an den Falken Shadow, Miss Nightshade? Luthille hätte wohl eher Angst vor Shadow, fürchte ich, er kann ein wenig unbändig sein. Aber er ist ein loyaler Gefährte, und folgte Gorim auf Schritt und Tritt, anhänglicher als er jetzt mir folgt. Er war Gorims Schatten, daher der Name. Ein edles Tier, für einen edlen Mann. So edel dass er seine Familie meinetwegen verließ. Das ist Ehre, Miss Nightshade, nicht große Heldentaten in schimmernder Rüstung vollbringen, sondern für das was man glaubt einstehen. Wenn ich auch nur halb so ehrenhaft handle wie mein Bruder es tat, so kann ich sein Werk in dieser Welt fortsetzen. Meine Waffe ist nicht das Schwert, sondern die Feder und die Saite. Auch die Musik kann den Menschen helfen, Miss Nightshade. Ich hoffe sie hilft Euch.“

Eine getragene Melodie erklang, während Alan die Saiten zupfte und schließlich einen schönen, langsamen Gesang zu Ehren seines Bruders anstimmte.

Remember, I will still be here
As long as you hold me, in your memory
Remember, when your dreams have ended
Time can be transcended
Just remember me

I am the one star that keeps burning, so brightly,
It is the last light, to fade into the rising sun

I am the one voice in the cold wind, that whispers
And if you listen, you'll hear me call across the sky
As long as I still can reach out, and touch you
Then I will never die

Remember, I'll never leave you
If you will only remember me


Traurig sah er zu dem Mädchen, das sich nicht bewegt hatte, seinem Lied zum Trotz.

“Na schön, ich gebe noch nicht auf: Ein Lied hab ich noch, ein besonderes Lied. Ich hab es für Euch gedichtet, auch in der neuen Sprache, ich hoffe es gefällt Euch. Leider beschreibt es Euren derzeitigen Zustand, aber genau diesen wird es hoffentlich verändern. Ich nannte es Frozen, weil Ihr in Eurem Schlaf erstarrt seid, wie eine erfrorene Blume. Aber auch diese Blume wird fortblühen, wenn nämlich das Eis verschwunden ist. So wie Ihr bald gesund sein werdet.

“I can't feel my senses
I just feel the cold
All colours seem to fade away
I can't reach my soul

I would stop running
If I knew there was a chance
It tears me apart to sacrifice it all
But I'm forced to let go

In the silence, I can hear your voice
Calling me, with the sweetest tunes.
In the silence of my hopeless wanderings
Your candle lights the way.”


Er beendete hier das, was ganz augenscheinlich ihre Sicht der Dinge sein sollte, und begann in einer anderen Tonart zu singen, lockend nun und voller Freundlichkeit.

I can only call you, frozen flower.
The way you have to chose yourself.
But remind yourself what a waste a frozen flower was,
On this island, so beautiful and free…

Remind yourself, that there are friends
There are people helping in your needs.
Remind yourself you’re not alone
And your life has only started yet,
Yet will just be lived once.”


Gespannt sah er sie an, ob sein Lied sie endlich erweckt habe…
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Lacy Dracu
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Lacy betrat leise das Archiv von Varshikar. Sie legte ihren Mantel ab und warf diesen über einen der Stühle. Einiges hatte sich in den letzten Tagen und Wochen ereignet, was Lacy nun doch ein leichtes Seufzen entlockte. Sie betrachtete kurz ihren Arm, welcher noch immer vollständig in einem Verband steckte, selbst ihre Finger, aber was blieb ihr auch anderes übrig bei diesen Verbrennungen. Ein Hauch von Wut auf sich selbst überkam sie immer wieder wenn sie ihren verletzten rechten Arm betrachtete. Wie hatte sie nur so unvorsichtig sein können bei diesem Spinnenwesen. Lacy schüttelte nur leicht den Kopf, es brachte nicht wirklich etwas darüber nun noch immer nachzudenken wo doch andere Gefahren viel näher waren.

Sie wollte gerade auf dem Stuhl platz nehmen um einige Berichte, welche sie erreicht hatten durch zu gehen, als sie wohl...Musik vernahm aus dem oberen Stockwerk. Lacy runzelte leicht die Stirn und blickte hinauf.

Ob wohl der junge Barde bei ihr ist?

Sie ging langsam zur Treppe hinüber und stieg diese leise hinauf, um denjenigen der dort sang nicht zu stören. Sie lehnte sich oben angekommen an die Wand und lauschte auch weiterhin einfach der Musik des jungen Barden Alan.

Als er endete wartete sie noch einige Momente bevor sie sich von der Wand löste und langsam auf Alan zuging. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Züge als sie ihn ansprach.

„Ein wahrlich wunderschönes Lied...Alan. Ich bin sicher Sira, hat es ebenso gefallen…“

Ihr Blick schweifte kurz zu Sira um kurz darauf aber wieder auf Alan zu liegen. Sie blickte ihn ruhig an und sogar ein wenig entspannter als sonst.
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Rhianna Morgan
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Lacys Anwesenheit erschreckte ihn und er zuckte zusammen, aber nach einem kurzen Schulterblick nickte er müde zu ihrem Lob.

"Ich dachte auch es müsse ihr gefallen... aber wie es scheint habe ich ebenso wenig Glück wie Gryphius. Nun, er war mir um Meilen voraus, was habe ich denn erwartet... Dass sie aufwacht weil ein wildfremder Trottel ihr ein Lied schreibt?"

Mutlos blickte er zu der reglosen Gestalt auf dem Bett.

"Madam, bitte seid ehrlich zu mir: Wie viele Tage bleiben ihr noch? Sie wird immer blässer, so kommt es mir vor... und ich denke nicht dass ihr Körper noch lange durchhalten kann... die Magie lässt nach, nicht wahr?"

Seine Angst war nur zu deutlich auf seinen bleichen Wangen geschrieben, aber ebenso heftig drang die Bitte aus seinen Augen, dass sie ihm die Wahrheit sagen möge, keine Beschönigung, keine Aufmunterung. Einfach nur die Wahrheit.
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Lacy Dracu
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Lacy lehnte sich zunächst an die Wand, einen leisen Seufzer ausstoßend. Sie blickte Alan eingehend an und schmunzelte für einen kurzen Moment, ehe sie zu ihm sprach.

„Zum einen Alan, ihr seid kein Trottel und ich nehme an, für Sira schon längst kein wildfremder mehr. Gryphius mag Euch um einiges voraus sein. Doch als Barde, seid ihr auf dem besten Weg ein würdiger Nachfolger zu werden. Zudem denke ich das ihr damit recht habt, das ihr das Lied gefallen hat, selbst wenn sie noch immer keine Reaktion zeigt.“

Lacy stieß sich nun langsam von der Wand ab und ging zu Sira hinüber. Sie setzte sich auf das Bett zu ihr, nachdem sie ihren Mantel ausgezogen und über das Bettende gelegt hatte. Sie hob ihre Hand legte ihren Handrücken auf Siras Stirn. Noch sagte sie nichts weiter, beantwortete also nicht Alans Frage, aber sie wusste, das sie dies noch machen musste. Dennoch wollte sie zunächst sich um Sira kümmern.

Lacy zog dann ein Stückweit die Decke zurück, so den Blick auf den angezogenen Körper der schlafenden Sira freigebend. Lacy schloss ihre Augen und sprach leise Worte in einer für Alan unverständlichen alten Sprache. Ihre Hand zog sie langsam hinunter und ließ sie auf Siras Bauchregion ruhen während sie weiterhin ihre Augen geschlossen hielt und jene unverständlichen Worte ein paar mal wiederholte.

Sie öffnete ihre Augen wieder und verstummte, zumindest sprach sie jene Worte nicht mehr. Doch antwortete sie nun auf Alans Frage hin, während sie Sira wieder zudeckte.

„Hm. Aber ihr wolltet etwas anderes wissen Alan. Ich könnte Euch nun fragen wie viel Wahrheit ihr erfahren wollt, doch nehme ich euch diese Entscheidung ab. Ihr werdet die ganze Wahrheit erfahren.“

Leicht strich Lacy mit dem Handrücken über Siras Wange bevor sie dann weiter sprach.

„Um erst einmal direkt auf Eure Frage zu Antworten…Ich kann nicht genau sagen wie viele Tage es noch sind, aber ich würde schätzen noch einen Monat, vielleicht auch weniger.“

Wieder seufzte Lacy leicht und drehte sich auf der Bettkante sitzend zu Alan um. Ihr Blick war ernst aber auch ein wenig getrübt von einer leichten Traurigkeit darüber das Sira einfach nicht erwachen wollte.

„Die Magie kann sie in der tat nicht ewig am Leben erhalten und es wird zunehmend schwerer. Es gibt noch eine andere Möglichkeit, aber diese möchte ich ihr nur ungern antun. Noch habe ich Hoffnung aber wenn sich nicht bald etwas ändert, wird mir nichts anderes übrig bleiben. So ungern ich es machen würde.“

Lacy erhob sich langsam vom Bett und ging einige Schritte bis zum Fenster. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und blickte hinaus.

„Sira hat schon genug gelitten und ich will sie eigentlich nicht noch mehr leiden lasse indem sie zwinge aufzuwachen. Indem ich ihren Geist zwinge zurück zu kehren.“

Sie atmete einige male tief durch und rang ein wenig mit sich selbst, aber, sie wusste keinen Grund warum der junge Barde nicht die ganze Wahrheit erfahren sollte. Immerhin hatte er sich ebenso führsorglich um Sira gekümmert wie sie selbst.

„Ihr wisst nicht viel über Sira nehme ich an. So auch nicht den wirklichen Grund, warum sie nicht zurück kehren will. Der Grund ist einfach und nachvollziehbar in gewisser weise.“

Lacy streckte ihre Hand aus und öffnete das Fenster um ein wenig der frischen Luft hinein zu lassen. Langsam senkten sich ihre Lider über die Augen bevor sie dann fortfuhr.

„Den Geist vollständig in sich selbst zurück zu ziehen kann einem das Gefühl von absolutem Frieden geben. Selbst dann noch wenn man die Stimmen seiner Umwelt noch wahr nimmt. Man fühlt nur ein Unverständnis dafür warum sich alle um einen Sorgen. Vor allem dann, wenn das, was einen in der wirklichen, lebenden Welt erwartet, nichts als Schmerz ist. Wenn man keine wirkliche Zukunft hat und einen ein Schicksal erwartet welches man selbst nicht ändern kann.“

Lacy atmet tief durch und ihre Lider hoben sich wieder. Dennoch blickte sie immer noch hinaus.

„Sira ist eigentlich die Bedienstete eines albarischen Lords, wobei ich in diesem Bezug beinahe schon Sklavin sagen würde, da sie von jenem mit seinem Wappen gebranntmarkt wurde.“

Lacy musste wieder kurz innehalten um durchzuatmen, doch diesmal mehr aus einer Wut resultierend bei dem Gedanken an diesen Lord und dem was dieser meinte mit Sira machen zu können.

„Sie wurde dem Neffen dieses Lords versprochen, jedoch ist es ihr erlaubt zuvor noch eine Lehre zu absolvieren und genau dafür eine Reise anzutreten, für eine bestimmte Zeit. Doch genau diese Zeit, endet nun bald und sie würde zurück kehren müssen. Natürlich könnte man sagen sie bleibt einfach hier. Jedoch lebt ihre Familie noch bei diesem Lord und er würde ihnen wohl etwas antun käme Sira nicht zurück.“

Langsam drehte sich Lacy wieder zu Alan herum.

„Das ist der Grund warum sie nicht wieder aufwachen will. Warum sie lieber dieses Siechtum hinnimmt, als in eine ungewollte Ehe zu gehen. Vor allem ohne jemals wirklich Liebe erfahren zu haben.“

Sie senkte langsam den Blick, innerlich rang sie mit sich. Sie hatte sich schon lange Gedanken genau deswegen gemacht und es war schwer in diesem Bezug eine Wahl und Endscheidung zu treffen.

„Ich überlege schon lange was ich dagegen tun könnte und ich komme immer wieder zu dem Schluss, dass es nur bleibt ihre Familie dort zu befreien, wenn nötig mit Gewalt. Nur damit Sira ein glücklicheres Leben führen kann. Aber…das sind Gedanken die euch nicht beschäftigen müssen Alan. Zumindest, wisst ihr nun die ganze Wahrheit…“

Lacy sah Alan nun einfach nur an, wartete ab bis jener dies alles erstmal verdaut hatte und was er dazu sagen würde.
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Rhianna Morgan
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Er sank auf den Stuhl zurück, während er lauschte. Noch begriff er nicht voll was Lacy da zu ihm sagte, was sie erzählte, sondern bewahrte die Worte nur in seinem Kopf, wo sie begannen einander zu fangen und zu haschen.

Dann, endlich, sie hatte schon geraume Zeit geendet, sah er wieder zu ihr auf. Sein Gesicht war erblasst, die Wangen beinahe eingefallen, als ihm mit einem Mal klar wurde warum seine Musik und seine Geschichten ihren Zweck verfehlt hatten. Warum es so sinnlos war, was er hier tat. Man kann nur Menschen helfen, die diese Hilfe wirklich wollen, und auch das nur wenn man selbst ihnen helfen will. Wollte er das noch? Wollte er sie nicht vielmehr in Frieden lassen, sterben lassen?
Was für ein Leben hatte sie vor sich, und was würde sie verschulden wenn sie dagegen aufbegehrte! Kaum ein Lied das er je gedichtet oder gehört hatte, hatte so viel Verzweiflung und Auswegslosigkeit bedeutet.

Als wäre sein Herz ein Stein, konnte er es nicht mehr fühlen. Nur einmal zuvor hatte er diese Taubheit in seinem Innersten gespürt, und er wusste, einmal mehr war seine Musik gestorben, und würde sobald nicht wieder aufwachen.

Ohne ein weiteres Wort ging er an Lacy vorbei, ihr die Hand nur knapp auf die Schulter legend, und ganz sachte drückend, ein schwaches Danke für ihre Ehrlichkeit, ehe er hinaushinkte. Er musste nachdenken.

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Nacht über der Oase hatte ihn stets berührt, doch heute blieb ihm der silberne Mondschein auf dem kalten Wasser gleichgültig. Seine Gedanken waren zu einem Halt gekommen, und er hatte sich halb beruhigt, den Tumult in seinem Innersten beruhigt.

Sein Blick war starr nach vorne gerichtet, doch er sah die schwarzen Wellen, den silbernen Schleier auf ihnen nicht. Er hörte nicht den nächtlichen Ruf der Käuzchen, der Frösche... Seine Laute lag unbeachtet im Sand. Erinnerungen kamen in ihm hoch, Erinnerungen an eine andere junge Frau, an einen andern jungen Mann.

"Du kannst es nicht ändern, Gorim... auch du nicht..." Das Bild seiner Schwester trat mächtig vor sein inneres Auge. Gekleidet in ein verhältnismässig schlichtes, jedoch überaus elegantes, seidenes Kleid. Das Kleid einer albarischen adligen Jungfrau. Ihre Schönheit kam vom Vater, nicht von der Mutter, das sah man auf einen Blick. Stolz sah sie aus, und doch sanft, wie Milch und Honig. Augen voller Charakterstärke, aber einen Mund der ihre Verletzlichkeit ebenso offen zeigte wie der schmale, weisse Hals.
Rowena von Bragona starrte ihre beiden Brüder, Alan und Gorim, voller Verzweiflung und gleichzeitig Resignation an. Ihre ebenfalls grauen Augen waren voll von dem Wunsch, durch Gorims starre Maske zu dringen, ein einziges Mal. Vergeblich, natürlich. Das Gesicht ihres älteren Bruders war wie Stein, so gemeisselt, die Wangenmuskeln angespannt und die Augen blitzend, halb verschleiert von den unter finster zusammengezogenen Brauen gesenkten Lidern.
Nicht einmal sein Vater hatte sie je so angestarrt, und dieser Blick machte ihr sichtlich Angst.
Ihr Halbbruder starrte nur starr vor sich hin, aber er war trotzdem ein scharfer Gegensatz zu Gorim. Alans Lippen schienen ihr blutleer, und wo bei Gorim Zorn und Wut brodelten, da konnte sie Trauer und Mitleid finden.
Mit einem plötzlichen Aufschluchzen ging sie zu ihm hinüber, und der Bastardsohn ihres Vaters stand eilig auf, um seine Arme um sie zu legen. Sanft streichelte er über ihre braunen, hüftlangen Locken, und flüsterte ihr leise Nichtigkeiten zu. Belanglos was er da sagte, er war hier, er war für sie da.

Sie waren beide hier.

Nach einer Weile löste sich Rowena von Alan, ein etwas beschämtes Lächeln huschte über ihr Gesicht. "Alberne kleine Rowena..." murmelte sie bitter, und trat ein wenig zurück. "Als hätten wir nicht alle gewusst dass dieser Tag kommen würde... dass Vater ebendieses beschliessen würde."

Alan nickte seufzend, und etwas bitter. "Ja, Rowena, wir wussten es... aber trotzdem... Baron von Hereth? Ausgerechnet?" Man sah ihm wohl an dass dieser Baron ihm alles, aber nicht sympatisch war. Nun, endlich, meldete sich auch Gorim zu Wort. Wie stets war das was er sagte knapp, und gerade dadurch hatte es mehr Gewicht als die lange Rede jedes Politikers.
"Baron Hereths Ländereien sind gross, und er gebietet über ein stehendes Heer von vierhundert. Ausserdem hat er keinerlei Cousins. Er ist der Erbe seines Onkels, eines Tages. Baron Uthgard."
Alan nickte kurz, als leuchte ihm die Hochzeitspolitik seines Vaters ein. Aber seine zusammengekniffenen Lippen sprachen eine andere Sprache.

"Es ist Vaters Wille, und ich muss mich fügen, ihr beide wisst das..." Durch die Stärke in ihrer Stimme heraus spürte Alan nur zu deutlich auf was seine Schwester nun hoffte. Darauf dass sie ihr sagten sie sollte diesen Widerling nicht heiraten, sie solle sich widersezten und fliehen. Darauf dass sich alles zum Guten wandte. Natürlich tat es das nicht.

Alan würde nie Gorims Gesicht an diesem Tag vergessen. Es blieb starr und kalt, scheinbar gefühllos bis auf die heisse Wut die in seinen Augen gärte.
Gorim sprach kein Wort mehr, aber als Rowena das Zimmer verlassen hatte, ergriff er sein Weinglas in einer Hand, und zerquetschte es mühelos zwischen seinen Fingern. Die Wunden waren bald verheilt. Aber die Narben blieben.

Die Narben und der Hass auf Rowenas Gatte.


Beinahe zwei Jahre war das nun her. Wie es Rowena wohl erging, so fern von ihm? Wusste sie dass Gorim tot war?
Alan durfte ihr nicht schreiben. Sie würde nicht verraten dass er noch lebte, aber er brächte sie unnötig in Gefahr. Sie war in ihrer Ehe gefangen, und konnte ohnehin nichts tun, nicht mal antworten. Das war es nicht wert. Diese Qual konnte ihr erspart bleiben.

Und Siras Qualen? Ähnlich wie Rowena hatte sie keine Wahl. Anders als Rowena, war sie nicht Tochter, sondern Sklavin. Ihre eigene Familie hatte keine Vorteile von der Hochzeit, sie würden weiterleben wie zuvor, als Diener. Hätte Rowena sich widersetzt, hätte man sie verstossen oder ihretwegen einen Krieg geführt.
Widersetzte sich Sira, starben die die ihr am liebsten waren.
Alan spuckte in das funkelnde, wunderschöne Wasser der Oase. Welch Hohn war doch in ihrem scheinbaren Frieden, welcher Spott auf die Leiden der Unterdrückten.

Er selbst war Sohn eines albarischen Adligen, hatte aber nie den Standesdünkel teilen können, zu oft hatte man ihm vor Augen geführt was er war. Ein Bastard, schlimmer als ein Leibeigener, vom moralischen Standpunkt aus. Intrigen, Ehebruch und Verrat durften existieren. Die Früchte dieser drei aber hatten ein Geheimnis zu bleiben. Alan war offiziel nicht Bragonas, sondern seines Pächters Sohn. Das Kind einer Hure. Auch wenn jeder wusste dass sie die Mätresse ihres Herrn war, durfte es nicht ausgesprochen werden. Er kannte die Grausamkeit einer arrangierten Heirat, oh ja. Sein Vater war in einer gefangen, einer seiner Brüder, und seine einzige Schwester. Anders als die Frauen, konnten die Männer diesen Ehen entfliehen, insgeheim. Die Frauen hatten diese Möglichkeit nicht.

Es war nicht gerecht. Und was er tun sollte wusste er immer noch nicht.
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Rhianna Morgan
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Post by Rhianna Morgan »

Greenbriar bei Nacht war wohl ebenso schön wie Varshikar, wenngleich auf eine andere, natürlichere, weniger elegante Weise. Der Frieden zwischen den kleinen Gebäuden, beinahe alle einstöckig, der Duft der Apfel- und Kirschbäume mischte sich mit seinen traurigen Weisen. In dieser Nacht spielte Alan lange auf seiner Flöte, und er konnte merken, dass ihn hin und wieder ein Halbling beäugte, denn er störte leider ihren Schlaf.

Schliesslich verliess er den Ort gen Norden hin, und ging auf der Straße nordwärts. Er spazierte bis an den Waldrand, ließ sich da nieder und spielte von neuem.
Er hatte diese unbekannten, sicher heute zum ersten und einzigen Mal hörbaren Melodien bitter nötig. Die Musik war schon so oft seine Zuflucht gewesen.

Hätte Alan bemerkt dass er einschlief, er selbst hätte sich darüber wohl am meisten gewundert. Seit Wochen war ihm solch ein Glück nicht vergönnt gewesen.

Unerquickliche, wilde Träume quälten ihn, als er sich lautlos auf dem Moos umherwarf. Dennoch erwachte er erst am Morgen, die Welt anblinzelnd als sehe er sie zum ersten Mal.

Die Erkenntnis war in ihm, als wäre sie schon immer da gewesen. Alan stand auf, das steife Bein müde streckend, und eilte zum Teleporter. Nie war das Wort *Varshikar* so überzeugt von seinen Lippen gekommen.
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Sira Nightshade
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Die Zeit schien ihren eigenen Gesetzen zu folgen, oder zumindest kam es Sira so vor. Einerseits schienen die Stunden zu verrinnen, im nächsten Moment schien sich ein Augenblick wie eine Ewigkeit hinzuziehen. Noch immer schien ihr Zustand unverändert, nicht eine Regung ließ auch nur erahnen, ob und wie sie ihre Umgebung wahrnahm. Immer wieder versank ihr Geist in den Schleiern des Nebels, der ihr Bewusstsein umfing, in Erinnerungen und Träumen. Dann war die Welt um sie ein weit entfernter Ort, der nur noch dumpf an ihr Bewusstsein drang. Dann aber wieder gab es Momente, an denen gerade die kleinen Dinge ihr mit einer unwirklichen Klarheit ins Bewusstsein drangen, wie etwa der Gesang der Vögel draußen, oder die die sanfte Wärme auf ihrer Haut, wenn einzelne Sonnenstrahlen durchs Fenster fielen.

Doch was ihren Geist jedes Mal aus den Tiefen dieser Nebel zu rufen vermochte, waren die Stimmen derer, die ihr in all der Zeit nur allzu vertraut geworden waren. Da war zum einen natürlich Lacy, auch Gryphius hatte ihren Geist zu rufen vermocht, auch wenn Sira nicht mehr sagen konnte, wie lang es her war, dass sie ihn vernommen hatte. Doch da war noch eine andere Stimme, der ihr Geist inzwischen nur allzu gern an die Oberfläche jener Tiefen folgte, die Stimme eines jungen Barden.
Noch immer ging sein letzter Besuch durch den bewussten Teil ihrer Gedanken. Beinah wäre sie seinem Ruf gefolgt, hätte nach den Klängen seines Liedes gegriffen, wie nach einem Seil, um jene unsichtbare Barriere zu überwinden, welche sie doch selbst errichtet hatte. Sie vermochte nicht einmal zu sagen, warum und das verwirrte sie von Zeit zu Zeit, doch dann war der Gedanke auch schon wieder im Nebel verflossen, um irgendwann wieder durch ihren Geist zu ziehen. Doch im letzten Moment war ihr bewusst geworden, in welche Welt sie zurück kehren würde, gerade noch rechtzeitig, um doch hinter jener unsichtbaren Grenze zurück zu bleiben, hier, wo sie frei war.

Sein Lied jedoch war ihr im Gedächtnis geblieben, zog durch ihren Geist und klang seither immer wieder leise in ihren Ohren, wo jeder andere Gedanke ihr längst wieder entglitten war. Was war das nur? Warum musste sie ständig an diese Zeilen denken? Warum wollte ihr seine Stimme einfach nicht aus dem Kopf gehen? Und warum schien sie ihr auf einmal auf so seltsame Art und Weise vertraut?

Es verwirrte Sira und ließ den Frieden dieser Welt, in die sie sich geflüchtet hatte, von Zeit zu Zeit doch trügerisch wirken. Dann wiederum schalt sie sich eine Närrin, dass sie sich darüber den Kopf zerbrach, denn nicht nur sein Lied, auch Lacys Worte an jenem Tag waren ihr im Gedächtnis geblieben, oder besser, die Erinnerungen und Gefühle, die sie wachgerufen hatten.

Sie war hin und her gerissen. Ein Teil von ihr wartete darauf, dass Alan wieder kam, dass sie wieder seiner schönen, angenehmen Stimme lauschen konnte. Sein letzter Besuch schien ihr eine Ewigkeit zurück zu liegen. Doch wann immer sie sich bei diesem Gedanken ertappte, tadelte sie sich selbst, ehe auch dieser Gedanke wieder im Grau der Nebelschwaden versank.

So vergingen die Tage, ohne dass ihr etwas anzumerken war, ohne dass auch noch eine Regung einen dieser Gedanken verriet. Sie lag da, wie eine Puppe aus weißem Porzellan, schön anzuschauen, doch zierlich und zerbrechlich zugleich. Trotz Lacys Bemühungen zeigte die Zeit allmählich ihre Spuren. Der Schein mochte trügen, doch wenn man sie genauer betrachtete, würde einem vielleicht auffallen, dass ihre Glieder langsam immer zierlicher, ihre Züge immer feiner wurden. Sachte nur, schien sich allmählich eine leichte Kühle auf ihre Haut zu legen. So sehr sich ihr Geist weigerte, jene Grenze zu überschreiten, die sie sich selbst auferlegt hatte, so schien sich ihr Körper allmählich einer anderen Grenze zu nähern, langsam noch, aber dennoch stetig…
Last edited by Sira Nightshade on Sat May 09, 2009 5:55 pm, edited 1 time in total.
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Rhianna Morgan
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Post by Rhianna Morgan »

Die Verwirrung der letzten Tage, ja Wochen, war gewichen. All seine Versuche hatten ins Nichts geführt, aber er wusste nun, was er die ganze Zeit versäumt hatte. Er bereute, dass es so lange gedauert hatte, aber vielleicht, vielleicht war es noch nicht zu spät. Möglicherweise war der Aufschub sogar gut gewesen, hatte Sira Zeit gegeben, seinen Weg ebenfalls zu beschreiten, den Irrweg durch ein Labyrinth, das er nun endlich verlassen hatte.

Vielleicht... Hoffentlich...

Es war höchste Zeit, dass auch sie aus diesem Labyrinth herauskam. Und wie Lana ihm geraten hatte, konnte dies nur eine einzige Melodie erreichen, die Melodie der Liebe.

Ein leichtes Rätsel für einen der wie er Rätsel liebte, ein leichtes Rätsel insbesondere für einen Barden, sollte man meinen. Aber es war das schwerste Rätsel das er je zu lösen gehabt hatte, denn die Antwort fand sich weder in der Musik, noch in einem Buch, noch in einer Geschichte oder in den Worten eines Anderen. Sein eigenes Herz war der Schlüssel, und dieses hatte er weggeschlossen um es nie mehr verletzten zu lassen. Ja, er hatte gesagt es sei gestorben. Welch schamlose Lüge, vor allem da er sie sich selber vorgegaukelt hatte. Nur weil man in einem Käfig sitzt und der Schlüssel fortgeworfen wurde, heisst es nicht dass man tot ist.
Nicht Sira war es wahrhaft gewesen, die schlief. Sondern ER war das gewesen.

Die Melodie der Liebe...

Gerade für einen Barden einfach? Nein, für einen Barden doppelt schwer, wenn dieser vergisst dass das allzu offensichtliche meist täuscht.
Alan wusste es besser. Und es wurde höchste Zeit, dieses Wissen einzusetzten...

Er hastete trotz seinem kränklichen Bein die Stufen hinauf, und hielt erst unmittelbar vor Siras Bett an. Mit einem Mal überfiel ihn eine Schüchternheit, die er längst ihr gegenüber abgelegt hatte. Wortlos setzte er sich auf den Stuhl, und sagte dann leise:

"Guten Abend, Miss Nightshade."

Ihr Teint war noch blasser geworden, wie von feiner Kühle umweht. Durch die feinen Gesichtszüge wirkten die Lider übergross, die verdeckten Augen beherrschten ein Gesicht das nicht länger das einer Schlafenden, sondern eher das einer Sterbenden war.

"Katarines Tochter hat mir vor längerer Zeit einen Denkanstoss gegeben, wie Euch zu helfen wäre, Miss Nightshade... und ausgerechnet ich kam nicht hinter des Rätsels Lösung. Sie sagte dass nur EINE Melodie Euch erwecken würde. Die Melodie... der Liebe."

Er schluckte, sprach dann aber mit unvermindert halblauter, fester Stimme weiter.

"Ich habe an fernen Orten, und in Büchern und Geschichten vergeblich nach ihr geforscht, bis ich sie gefunden hatte. Das was uns direkt vor der Nase liegt erkennen wir meist erst zuletzt... das kennt Ihr sicher auch.
Ich weiß warum Ihr schlaft, und ich hoffe Ihr hört mich jetzt. Ich WEISS dass Ihr nicht aufwachen wollt, und Ihr habt ein Stück weit Recht. Aber Ihr seid auch im Unrecht, auf eine Weise die Ihr nicht in Betracht zieht. Ihr habt Freunde, Sira, Freunde die nicht ruhen werden bis Ihr von dieser Pflicht, dieser grausamen Pflicht befreit seid. Ihr habt Lady Dracu, und Ihr habt - mich. Ich weiß, dass ich nicht viel Hilfe bieten kann, und sicher würdet Ihr jetzt fragen, wie ich dazu komme mich überhaupt anzubieten. Dennoch tue ich es. Aus einem einzigen Grund. Ich habe das Rätsel gelöst."


Während er sprach hatte er ihre Hand ergriffen, und beugte sich nun zu ihr herab. Neben ihrem Ohr flüsterte er leise:

"Die Melodie der Liebe ist nicht spielbar, mit keinem Instrument, und sie ist für menschliche Ohren kaum hörbar... außer..."

Kurz noch zögerte er, dann aber küsste er sie sanft auf die weichen, aber blassen Lippen, ehe er weitersprach:

"... außer man ist sich sehr nahe. Ich liebe Euch, Miss Nightshade. Ich liebe Euch mehr als mein Leben. Die Melodie die Lana meinte ist leise, aber beständiger als irgendetwas anderes."

Er schob einen Arm unter ihrem Rücken durch, und hob sie sanft an, mit der andern Hand ihren Kopf stützend. Wie Seide floss ihr blondes Haar herunter auf die weissen Leintücher, als er ihr Ohr an seine Brust legte. Einmal mehr flüsterte er, ehe er völlig verstummte:

"Sie ist das Schlagen eines Herzens, das das Eure ist, ohne Einschränkung, wenngleich es in einer fremden Brust schlägt. Sobald Euer Herz aufhört zu schlagen, wird auch diese Melodie verstummen. Vertraut Euch mir in dieser Welt an, oder geht in die nächste voran. Ich werde Euch nicht alleine lassen, in Illarion nicht, und in Cherga's Reich ebensowenig."

Alles was nach seinen Worten für Sira noch hörbar war war sein Herz an ihrem Ohr, schnell, aber stetig.
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Lacy war mittlerweile dazu übergegangen regelmäßig nach Sira zu sehen. Alleine schon wegen ihres rein körperlichen Zustandes der immer schlechter wurde je länger dieser Schlaf andauerte. Auch an diesem Tag wollte sie nach ihr sehen. Lacy richtete es so ein, dass ihre anderen Pflichten darunter aber dennoch nicht litten.
Sie betrat wie gewohnt die Archive und atmete dort erst einmal leicht durch bevor sie ihren Mantel auszog und diesen über einen der Stühle legte. Die Stufen nach oben ging sie langsam hinauf, bis sie dann inne hielt. Lacy meinte etwas gehört zu haben und lauschte nun doch genauer.
Wieder mal war sie doch dankbar für ihr überaus gutes Gehör und das was sie zum großteils hörte, brachte ein Schmunzeln und dann, ein sanftes Lächeln auf ihre Züge. Überrascht war sie dennoch ein wenig, aber vielleicht war es genau das, was Sira brauchte um endlich wieder aufzuwachen.
Leise stieg Lacy die Stufen wieder hinab und setzte sich an den Tisch. Sie atmete tief durch und hoffte inständig dass es helfen möge.
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Sira Nightshade
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Der Tag schien sich ihr endlos dahin zu ziehen, beinahe quälend langsam verrannen die Stunden. Doch vielleicht kam es ihr auch nur so vor, denn auch heute wurde sie immer wieder von denselben düsteren, grausigen Alpträumen und Erinnerungen heimgesucht, wie es in den letzten Tagen, immer öfter vorgekommen war. Dann jedoch erweckte ein Geräusch ihre Aufmerksamkeit, vertraut und dennoch anders als sonst, und zog den klaren Teil ihres Bewusstseins an die Oberfläche der düsteren Nebelschwaden, die ihren Geist umfingen.

Beinahe unwirklich klar vernahm sie die hastigen Schritte des jungen Barden auf den hölzernen Dielen, das Rascheln seiner Kleidung, als er sich auf dem Stuhl niederließ. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, seit sie zuletzt seine Stimme vernommen hatte. Ein Gedanke, der sogleich tadelnde Belustigung über sich selbst nach sich zog.

So lauschte sie zunächst seinen Worten, jedem einzelnen mit Bedacht und dennoch nicht recht fähig zu begreifen, was sie wirklich zu bedeuten hatten, fast als läge eine Art Schleier über ihrer wahren Bedeutung. Unwirklich und dennoch seltsam vertraut hatte sie die Berührung seiner Hand wahrgenommen, als er die ihre ergriffen hatte und dennoch war ihr, als böte sie ihr Halt, als verhindere sie, dass sie wieder in jene Nebel abdriften konnte. Indes wog sie immer wieder seine Worte in Gedanken ab, doch so sehr sie sich auch bemühte, hinter jenen Schleier zu Blicken, so wenig mochte es ihr gelingen.

Mit seinem Kuss jedoch, so sanft und flüchtig er vielleicht auch gewesen sein mochte, zerbrach etwas in ihr, schmerzlich und befreiend zugleich. Eine kleine Geste nur, ein vertrauter Moment, welcher ihr unter anderen Umständen sicher verlegene Schamesröte auf die blassen Wangen getrieben hätte. Nur ein Augenblick und dennoch eine Ewigkeit zugleich. Mit einem Mal zerriss jener Schleier und sie sah sich in Gänze der Bedeutung seiner Worte gegenüber. Ihrer Bedeutung für ihn. Ihre Bedeutung für sie. Ihre Bedeutung für sie beide.


„Ich liebe Euch“ – Liebe? Liebe…


Und da waren sie wieder. Jene Gedanken, jene Gefühle, welche sie sich immer wieder verwehrt hatte, welche sie immer wieder verdrängt hatte, für welche sie sich immer wieder selbst eine Närrin gescholten hatte.


Ich… ich kann nicht… ich darf nicht...


Doch dieses Mal ließen sie sich nicht in ihr Unterbewusstsein zurück drängen. Sie war hin und her gerissen. Was sollte sie nur tun? Folgte sie ihrem Herzen? Ihrem Verstand? Ihrer eigenen Angst und Unsicherheit?

Zu ihrer eigenen Überraschung kam nicht der geringste Anflug von Schüchternheit oder Verlegenheit in ihr hoch, als er sie nun sanft anhob und ihr Ohr behutsam an seine Brust legte. Unwirklich und mit einer bislang nie gekannten Klarheit, als wäre der Rest der Welt in weite Ferne gerückt, vernahm sie nun jedes einzelne seiner leisen Worte.


„Sobald Euer Herz aufhört zu schlagen…“ Erst in diesem Moment wurde ihr das wahre Ausmaß, ihr wahrer Zustand wirklich bewusst. Plötzlich spürte sie die Schwäche, die längst von ihrem Körper Besitz ergriffen hatte. Doch obwohl die Erkenntnis sie traf wie ein Hammerschlag, keimte keine Furcht in ihr auf.

„Vertraut Euch mir in dieser Welt an…“ – Ich kann nicht…

„Ich werde Euch nicht alleine lassen…“ – Alan…

„…in Cherga's Reich ebensowenig.“ – Nein… Nein!


Und da begriff sie. Er war bereit, ihr zu folgen, wenn sie jene Grenze überschreiten, so wie sie bereit gewesen war, alles Leid zu ertragen, für jene, die sie liebte. Wenn sie diese Grenze überschritt, so war das ihre Entscheidung, etwas, dass nur sie betraf. Sie hatte schließlich nichts zu verlieren.

So hatte sie zumindest gedacht.

Wie falsch sie doch gelegen hatte! Ganz gleich, welches Leid sie in der Welt noch erfahren würde, es gab doch etwas, das wertvoller, stärker war, als all das. Etwas, dass sie so zuvor weder erfahren, noch je selbst empfunden hatte, sich nie gestattet hatte. Zuerst noch hin und her gerissen, schwanden die Zweifel allmählich, wurden von etwas anderem verdrängt, das sacht und dennoch stetig in ihr Bewusstsein drang.

Sie wusste nicht, ob es die Gefühle waren, die er so über all die Zeit langsam aber stetig in ihr geweckt hatte, die seltsam vertraute Nähe zu ihm oder die Stetigkeit und Beständigkeit seines Herzschlages, welche über alle Zweifel erhaben zu sein schien, doch nach einigen Augenblicken, die ihr wie eine Ewigkeit schienen, klammerte sich ihr Bewusstsein regelrecht an den Klang seines Schlagenden Herzens, wie an ein Seil, dass man ihr vom Rande eines Abgrundes her zuwarf.

Es war kein plötzliches Aufschrecken, kein eindrucksvoller Augenaufschlag, kein tiefer Atemzug oder sonst irgendetwas Dramatisches. Es war nur das leise Rascheln von Stoff, nur einen Augenblick lang. Eine leichte, fast unmerkliche Handbewegen, welche den Stoff der Decke ganz sachte rascheln ließ. Ein kleiner, fast unmerklicher Spalt, hinter dem grau blaue Augen benommen schimmerten…
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