
Langsam schiebt er die Tür auf, lässt seinen Blick über die Räumlichkeit wandern, hin zu dem kleinen Tischleich auf welchem eine Schüssel steht, daneben ein umgestürzter Krug. Flüssigkeit tropft herunter, benetzt den Boden. Daneben liegt sie, auf Fellen gebettet, mit Fellen bedeckt. Schweiß glänzt auf ihrer Stirn und nur schwaches Stöhnen und Röcheln ist von ihr zu hören. Leise tritt er herein, einen Eimer mit dampfendem Wasser in der einen, einen Krug in der anderen Hand. Ein Tuch ist über seine Schulter geworfen. Langsam tritt er zu ihr heran, dabei leise brummend und murmelnd:
"Hat Dich ganz schön erwischt. Hrm."
Er kniet sich neben sie, stellt die Gefäße ab und nimmt das Tuch von seiner Schulter.
"Du hast wieder viel Flüssigkeit verloren die Nacht",
sagt er ruhig und leise. Nach einen kurzen Blick in ihre Augen tupft er ihr den Schweiß vom Gesicht, das Tuch ist weich und angenehm kühl. Nach einem leisen Seufzen wäscht er das Tuch aus und beginnt sie zu waschen. "Wenn Du nur wenigstens bei Dir wärest, Du könntest mir sagen, was dir genau fehlt."
Seicht drückt er sie in eine aufrechte Position, wäscht ihren Rücken, lässt sie dann wieder sinken. Immerwieder wäscht er das Tuch dabei aus.
"Die Druiden gaben mir noch etwas mit, eine Paste. Weißt Du, sie sagten ich solle sie dir auf der Brust auftragen, es soll helfen deine Atmung zu verbessern."
Langsam holt er einen kleinen Topf aus der Tasche und steckt seine Hand dort hinein, um etwas von der Paste auf seine Finger zu verteilen.
"Hrm, ich hoffe sie behalten recht."
Vorsichtig verteilt er die Paste auf ihrer Brust und ihrem Hals, deckt sie dann wieder sorgsam mit Fellen zu.
"Es passiert einiges zur Zeit. Es gibt neue Anwärter, die in den Clan aufgenommen werden wollen. Und...hrm, Grüße soll ich Dir bestellen von Katarine und von Amras. Du weißt sicher noch, der...aufdringliche Elf aus Briar. Er gab mir Honig mit, in der Hoffnung, dass er helfen würde. Ich....hrm, habe Dir deinen Kräutertee damit gesüßt, damit er nicht mehr so bitter schmeckt."
Er reibt sich seine vom wenigen Schlaf der letzten Wochen geröteten Augen, fasst dann zu dem umgestürzten Krug auf dem Tisch und lässt seinen Blick über die unangetastete Suppe wandern. Er nickt mehrmals, die Lippen leicht aufeinander gepresst wendet er sich ihr wieder zu.
"Essen mußt Du auch. Hrm, werde wohl eine Weile wachen um einen guten Moment abzupassen. Da fällt mir ein..."
Leise und vorsichtig schüttet er den Inhalt des Kruges, den er mitbrachte in den Krug vom Tisch, stellt beide dann für einen Moment ab, füllt dann nach einer kurzen Pause einen Becher voll mit dem Kräutertee.
"Marie hat sich von Vigalf getrennt. Wußtest Du das schon?"
Ihren Kopf vorsichtig anhebend und stützend flößt er ihr mehrere Schluck Tee ein.
"Er, hrm, kämpfte wohl nicht um sie, wo es nötig war. Sie war hier in der Mark, wurde verfolgt und er...hm, stand wohl nicht zu ihr, wie es sich gehört hätte. Hm, jung war ihr Glück und nun sind beide etwas...hm. Naja, werden sich schon erholen die beiden."
Mit einem trägen aufgesetztem Lächeln wiederholt er das Wort 'erholen'.
"Es hätte auch schlimmer kommen können. Töricht war sie hierherzukommen. Töricht war er, nicht zu ihr zu halten. Sie ist jetzt in Bane, in der Bibliothek, sagt aber, dass ihre Studien besser vorangingen nun und ihr Meister sie nun auch mehr schätzen würde."
Abermals leise seufzend setzt er sich neben sie, streicht ihr mit einer Hand über die Stirn. Laut hörbar bläst er Luft durch die Nase und dreht sich mit dem Rücken zu ihr, leicht vornübergebeugt fasst er eine ihrer Hände und schließt seine Augen. Müdigkeit überkommt ihn. Leise murmelt er:
"Morgen geht es Dir sicher wieder besser."
ehe er mit leicht brummend und über etwas nachgrübelnd einschläft.
----- Einige Tage später -----
Der Markttag neigte sich dem Ende zu und langsam begann es dunkel zu werden in der Mark. Mit dem Rücken an die Tavernenmauer gelehnt saß er stumm da und ließ seine Gedanken kreisen.
Was wenn sie nicht kommt? Sie versprach es, sie wird kommen. Sie wird sich nur verspätet haben.
Eine besorgte Stimme dringt an sein Ohr:
"Ist es in Ordnung, wenn ich dich jetzt mit dem Jarl allein lasse Harald? Ich werde vor dem Schlafengehen noch für sie beten."
Geistesabwesend und die Stimme kaum wahrnehmend nickte er nur und blickt zu Duncan auf:"Danke Dir" murmelnd. Wieder senkt er seinen Blick und wieder dringt eine Stimme an sein Ohr. Die erschreckte Stimme einer Frau. "Harald!" rief sie. Seine Gedanken kreisten weiter. Nun, da sie da war, endlich, konnte es bald losgehen. Langsam stand er auf und versuchte sich zu konzentrieren, war aber unfähig seine Freundin gebürtig zu begrüßen. "Ohh, Harald, wie siehst du nur aus?" Hörte er sie rufen, als sie ohne Umschweife zu ihm stürzte und ihn umarmte. Immernoch unfähig zu einer Reaktion ließ er die Umarmung einfach geschehen, starrte nur zum Jarl und dem sich zurückziehenden Duncan. Er war froh, so froh, dass Katarine ihn jetzt nicht im Stich ließ. Wenn er ihr seine Dankbarkeit doch nur ausdrücken könnte aber Schmerz und Kummer saßen zu tief in ihm. Mit ihrem Blick zum Jarl gewandt fragte sie Harald: "Weiß er es?". Harald schüttelte nur seinen Kopf.
Er sollte es nicht wissen. Es wissen ohnehin schon viel zu viele. Und er, gerade er, warum sollte ihn das auch interessieren?
Ehe er noch wütend werden konnte über die Situation stößt er seine Truhe auf und schnappt ein bereits geschnürtes Bündel. Nahrungsmittel für einen längeren Marsch, ein paar kleine Dinge für einen längeren Aufenthalt an einem fernen Ort. Sichtlich verärgert rief der Jarl nur noch:
"Ich bin auf dem Feld, wenn du mich suchst, Harald!"
und ging los. Harald starrte ihm noch eine Weile nach und war erleichtert, dass er nun aus dem Blickfeld war. Mit einem tiefen Seufzen schulterte er das Bündel und sah Katarine für eine Weile an.
"Bist du bereit?" fragte sie ihn musternd. Oh, und ob er das war. Den ganzen Tag wartete er auf den jetzigen Moment.
"Wo liegt sie?" fragte sie weiter. "Führe mich zu ihr. Wir tragen sie gemeinsam."
"Im Gästehaus" antwortete Harald mit einer tiefer und kehliger klingenden Stimme als sonst. Langsam schob er sich an Katarine vorbei und deutete ihr ihm zu folgen.
Nur wenige Schritt waren es bis zu jenem Haus. Jeder Schritt fiel ihm schwerer und schwerer.
Was wenn sie bereits....
Die Tür erreichend schob er seinen letzten Gedanken beiseite. Mit einem tiefen seufzen Öffnete er vorsichtig die Tür, ließ den Rest Tageslicht hinein und schaute sich um, wagte es kaum in die hintere Ecke zu sehen. Mit einem Brummen schritt er dann langsam vorwärts, hin zu ihrer Bettstatt. Achtete nicht mehr auf Katarine, die ihm dicht folgte und laut aufschrie, als sie Ayondra dort liegen sah. Ihr Anblick mochte noch furchtbarer gewesen sein als der seine. Er war schon nur noch ein Schatten seiner selbst. Seine Kriegerzöpfe strähnig und halb offen, die Rüstung dreck- und blutverschmiert, seine Augen rot und blutunterlaufen vom Schlafmangel der letzten Wochen. Aber sie? Sie sah noch furchterregender aus. Blass war sie und dürr. Ihre Atmung flach, kalter Schweiß glänzte auf ihrer Stirn. Ihr Anblick machte ihm zu schaffen. Eine nicht mehr unterdrückbare Träne rann ihm über die Wange, als er Ayondras Hand ergriff, ihren schwachen Puls fühlte. Seine andere Hand auf ihre Stirn legend murmelte er ihre leise zu:
"Katarine ist hier, Liebling. Wir schaffen dich jetzt nach Briar, ins Krankenhaus. Halte durch."
Vorsichtig schob er einige Felle beiseite, ergriff ihren Arm und zog sie langsam zu sich heran. Ihren Kopf gestützt nahm er sie in seinen Arm und hob sie hoch.
"Brauchst Du Hilfe beim Tragen?"
Hilfe? Nein! Sie ist so leicht. Bei den Göttern! So leicht.
"Nein" raunte er, als er sie anhob.
Aus den Augenwinkeln sah er, wie Katarine noch einige der Decken und Felle schnappte und sich anschickte ihm dann zur Tür hinaus zu folgen. Vorsichtig balancierte er sich durch die Tür und schritt ins freie, einen tiefen Atemnzug nehmend. Linderung brachte ihm die frische Abendluft keine. Er neigte sich vor, berührte die Stirn der Frau in seinem Arm mit seiner und murmelte ihr wiederum zu:
"Wir sind bald da. Dort wird man sich besser um dich kümmern können, als ich es alleine kann. Ich liebe Dich."
Matter Glanz legt sich auf seine Augen, als er um das Gästehaus herumschritt und seine Schritte stur gen Ost lenkte. An der Ostgrenze der Mark wies ihn Katarine zum Halt. Hastig kramte sie ein Portalbuch hervor und las laut einige Worte bis ein blaues Schimmern in der Nähe auftauchte. Grinsend steckte sie das Buch wieder ein und deutete auf das Portal.
Sie ist einfach die Beste. Dachte er sich, auch wenn er diese Art zu reisen verabscheute. Ein leises Röcheln kam über Ayondras Lippen, was ihn dazu veranlasste nicht weiter über das Portal nachzudenken. Noch einmal die Muskeln anspannend raffte er seine Gestalt, nickte Katarine zu und ging schnurstracks auf das Portal zu. Blaues Schimmern umwaberte ihn, auf der anderen Seite sah er schon einen Weg, eine Straße, einige Gebäude. Das Kribbeln in ihm legte sich, als er endlich drüben war. Etwas zu weit vorgebeugt stolperte er fast. Konnte sich gerade rechtzeitig fangen. Ein leises Zischen kam über seine Lippen, als er sich wieder fing. Nur noch wenige Schritte. Das Portal ersparte ihm eine weitere Schmach. Er hätte sie in seinem Zustand nicht viel weiter tragen können. Mittlerweile war auch Katarine durch das Portal gegangen und hielt sich direkt neben Harald. Mit einer Handbewegung auf das nächste Gebäude sagte sie:
"Dorthin, rasch!"
Sie eilte voraus und öffnete die Tür. Schleppend und am Ende seiner Kräfte trug er seine Geliebte zum Krankenhaus. Gerade noch schaffte er die Treppe hinauf um sie in eines der Betten zu legen. Neben dem Bett sackte er dann in sich zusammen.[/i]