Abschied
„Ach Louis.“, seufzend sprach der junge Mann, während sein schmale Hand den schwarzen Kater streichelte. Louis antwortete mit wohligem Schnurren und dankbaren Blick aus glänzend blauem Augen. Der Blick des Menschen wandte sich von dem Tier, heraus aus dem offenen Fenster vor dem er stand, von hier aus konnte man die Felder sehen, allesamt Besitzungen seiner Familie, allesamt von Sklaven bewirtschaftet. Wieder seufzte er schwer, wehmütig und wandte seine hellen, nussbraunen Augen zurück zu dem Tier. „Ich weiß, es sind nur Sklaven und keiner mehr wert als dein goldenes Halsband.“, sprach der Mensch während er den Kater weiter streichelte. „Aber dennoch – das ist kein Grund sie hungern zu lassen.“
Einen Augenblick verharrte die beiden so. Louis begann mit den Haaren des Menschen zu spielen. Sie hatten den selben schattig schwarzen Ton wie sein Fell. Erst als es klopfte drehte der Mensch den Kopf zur Tür und bat herein. Ein schlanker Elf mit feuerrotem Haar öffnete die Tür und trat einen Schritt herein. Den Kopf in Demut gesengt sprach er mit ruhiger, heller Stimme: „Herr, - die Kutsche ist bereit.“. Der Mensch nickte nur sachte und ging, den Kater weiter auf dem Arm, hinaus, erst als er schon über der Schwelle war drehte er den Kopf noch einmal zum Elfen: „Eryn – vergiss Louis Korb nicht.“. Obgleich der Mensch schon nicht mehr zu ihm sah, nickte der Elf und griff den mit blauem Samt ausgepolsterten Korb des Katers um dann seinem Herren zu folgen.
Der weite Umhang aus schwerem roten Samt verhüllte den Mensch fast vollständig. Es waren schwere schritte die er durch die alte Festung schritt. Der Stein war kalt und alt, seit Generationen schon im besitzt seiner Familie, den de la Brousseborgne. Er würde diese Mauern wohl das letzte mal durchschreiten und bei allem Schmerz und Hass mit dem er fortging, dies war seine Heimat und würde es wohl auch immer bleiben. ~Reiß dich zusammen Leonarde! – Gönn ihnen nicht den Triumph, zu gehen wäre schmerzhaft für dich!~, der Mensch sprach in Gedanken zu sich selbst, weckte seinen Stolz und ein schmales, erhabenes Lächeln bildete sich auf seinen blassen Lippen.
Eryn hatte kurz vor der Pforte auf den Hof hinaus seinen Herren überholt, um den großen Holzflügel zu öffnen. Leonarde, trat heraus und lies seinen Blick schweifen. Wenigstens eine standesgemäße Kutsche war es die dort wartete, Sechsspänner mit geschlossener Kabine. Damit würde es erst bis Fennsworth gehen, von dort aus wohl nach Albar und dann – Mal sehen vielleicht eine Reise die Küste entlang. Sein Blick ging weiter, hoch zu den innen liegenden Balkonen der Festung. Dort standen sie, als wollten sie Abschied nehmen. Dabei wussten alle, sie Standen nur dort um ihn zu demütigen. Doch Leonarde würde sich nicht demütigen lassen, nicht von seinem Vater, Graf Quentin Amadeus Bastemateus de la Brousseborgne. Er stand, fett wie ein Mastschwein, direkt an der Brüstung. Gekleidet in schrillen Brokat und Rüschen, die zwar war wohl teuer wahren, aber nicht gerade von Geschmack sprachen. Schräg hinter ihm Leonardes Mutter, sie zu verlassen war das einzige was Leonarde bedauerte. Doch sie stand, still und zu schwach um zu protestierend, wie Frauen nun mal sind, nur da und schwieg zu all dem. Neben dem Graf Leonardes drei ältere Brüder, deren Tagwerk einzig darin bestand, um die Gunst ihres Vaters zu buhlen. Sie waren es auch die ihn Verrieten, weil er hungernden Sklaven Steuern erließ, weil er dafür sorgte das sie den Winter überstehen könnten. Diese Narren, irgendwann werden sich ihre Taten rächen, irgendwann.
Leonarde hob seine Brust und schenkte ihnen keinen weiteren Blick. Er hatte keine Lust auf die Phrasen von geheuchelten Verabschiedungen zu antworten, die sie vom Balkon herunterwarfen. Eryn hatte bereits die Tür der Kutsche geöffnet. Seine restlichen Leibsklaven saßen bereits drinnen, Zwei Kutscher, mit Armbrüsten bewaffnet, auf dem Bock und sechs weitere, mittelschwere Söldner als Geleitschutz zu Pferd.
Als die Kutsche los fuhr seufzte Leonarde noch einmal, dann lehnte er sich zurück, schmiegte seinen Kopf an den Weichen Samt der Polsterung und konzentrierte sich nur noch auf das weiche Fell des Katers zwischen seinen Fingern.
