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Perspektive aus den Schatten
Posted: Thu Sep 20, 2007 6:58 pm
by Q-wert
((Bitte nur Beiträge aus der Sicht von Chars, die direkt mit den Ereignissen in Kontakt gekommen sind.))
24. Olos 22
~Das diffuse Licht einer Laterne auf einem Tisch, welches allein gegen die allgegenwärtige Dunkelheit des feuchten Raumes durchdringt, erhellt dürftig den aus rohem Fels geschlagenen Raum. Ein paar Holzfässer, fein säuberlich in einer Reihe aufgestellt, eine schon lange erkaltete Feuerstelle mit einem angerostetem Kessel, zwei wuchtige Holztruhen und der Tisch mit der Laterne, an dem drei robuste Holzstühle stehen. Nur das Geräusch der gelegentlich von der Decke fallenden Wassertropfen durchbricht die fast greifbare Stille.
Ein kleiner älterer Mann sitzt kerzengerade auf einem der Stühle. Er trägt elegante schwarze Stoffkleidung mit einem grauen Mantel auf dem mit viel Sorgfalt ein schwarzer Rabe aufgestickt ist. Sein rechter Stiefel ist leicht dreckig, sonst ist sein Gewand erstaunlich sauber für diesen Ort. Vor sich hat er eine Karte Gobaiths ausgebreitet, mit der Spitze eines hochwertigen, aber schon abgenutzten schmucklosem Dolch fährt er nachdenklich über das Pergament. Die Spitze wandert ziellos umher, bleibt dann über Greenbriar stehen. Der Mann spricht laut und deutlich in die Dunkelheit, obwohl ihn niemand hören kann.~
„Lonfurd, du Narr... damals hätte ich meine Tochter und mich über einen Monat ernähren können, für das Geld was nun für dich ausgesetzt ist. Lass dir was einfallen guter Freund...“
Seine Tochter. Wenn es etwas gab worauf er stolz sein konnte, dann sie. Sie hatte ungefähr genauso schnell gelernt wie der junge Mann dem er jetzt etwas beibrachte. Nur würde der Jungen das „Handwerk“ nie so gut beherrschen wie sie... von klein auf hatte er ihr alles beigebracht was er wusste und konnte. Das war das Mindeste was er tun konnte, doch wusste er, dass er ihre Mutter... seine Frau... nicht ersetzen hat können.
~Der Mann schluckt, legt den Dolch beiseite und faltet sorgsam die Karte zusammen. Die Karte steckt er in eine der anscheinend vielen Innentaschen des noblen Mantels, den Dolch steckt er sich in seinen rechten Lederstiefel. Ein Betrachter könnte nun für einen Augenblick einen weiteren Dolchgriff im anderen Stiefel erkennen, als der Mann die Beine ausstreckt um aufzustehen.~
Der Junge machte sich gut. Man konnte nur hoffen, dass er seine Übungen nicht nur auf die Lernstunden beschränkte. Doch Potential hatte er, auch wenn er nicht wie viele gleich mit seiner Leidensgeschichte herausrücken wollte. Doch Zeit spielte keine Rolle mehr, nicht in dem Alter des Mannes. Es war zwar wichtig zu wissen wie er sich aufgrund bestimmter Ereignisse verhalten könnte, aber der Mann konnte warten.
~Seine aufmerksamen, einen kalten Ausdruck zeigenden, Augen schweifen noch einmal prüfend durch den Raum nachdem er aufgestanden ist und die Stühle wieder in ihre Ursprungsposition gerückt hat. Es musste nicht jeder wissen, dass dieser Ort noch von jemand anders benutzt wurde. Mit einem zufriedenem Nicken läuft er dann, die Augen auf den rauen Boden gerichtet, mit federnden und erstaunlich leisen Schritten auf eine Stelle in der Dunkelheit zu, wo man einen Türrahmen erahnen kann. Als er diesen durchquert hat bleibt nichts als das tropfen von der Decke und das flackernde Licht der Laterne. Noch etwa eine Stunde brennt sie weiter, bis das weniger werdende Licht entgültig erlischt und die näherkriechenden Schatten das letzte Licht verschlingen.~
Posted: Wed Oct 03, 2007 9:43 am
by Q-wert
Vor einer halben Generation, etwa fünf Jahre nachdem die ersten Schiffe Gobaith erreicht haben:
~Grillen zirpen laut, es ist eine warme Nacht in Gynk, der zunehmende Halbmond scheint auf die Stadt und Elends- und Nobelviertel lassen sich aus der Ferne kaum unterscheiden. Denen die hier wohnen stört der stetige Gestank lange nicht mehr. Zwei in schwarze Mäntel gehüllte Gestalten schreiten, gerade als Schemen erkennbar, mit zielstrebigen Schritten durch die finsteren, ungepflasterten Gassen. Zwischen zwei Häuserreihen, die so liegen, dass das Mondlicht den schlammigen Pfad dazwischen mehr oder weniger erhellt kommt ihnen ein Mann mit nicht mehr geraden Schritten entgegen, einen Bierkrug in der Hand. Die beiden laufen links und rechts an ihm vorbei, die linke Gestalt stößt den Mann leicht mit der Schulter an und ohne ein Wort zu sagen schreiten sie weiter. Als der betrunkene Mann kopfschüttelnd weitertorkelt und vorsichtshalber an seinen Gürtel greift, ist sein Geldbeutel verschwunden. Er dreht sich mit einem Fluch auf den Lippen um, doch niemand ist mehr zu sehen.~
~Etwas weiter haben die zwei Verhüllten ein Tor zu einem der besseren Viertel erreicht. Diese werden meist durch eine hohe Mauer und Söldner vor dem Rest der Stadt geschützt, wie auch hier. Zwei in leichte Kettenuniformen gekleidete Wachmänner, jeder mit einer Pike in der Hand und einem Schwert an der Seite und aufmerksamen aber müden Augen stehen vor einem massiv aussehendem Tor. Als sie näherkommen schlagen die verhüllten Personen ihre Kapuzen zurück und fassen sich an den Händen. Im Schein der Fackeln neben dem Tor kann man nun ihre Gesichter erkennen. Die etwas größere Person ist eine junge Frau mit feinen Gesichtszügen, die sie als Serinjah identifizieren. Die langen schwarzen Haare hat sie zu einem Zopf nach hinten zusammengebunden. Die kleinere Person ist ein junger Mann mit kurzen gelockten dunkelblonden Haaren und einem verschmitztem Lächeln um den Mundwinkeln, es ist Lervo in jugendlichen Jahren. Beide wechseln einen verliebten Blick, dann tritt der junge Mann vor, nimmt eine Papierrolle aus seinem Mantel und reicht sie dem Wächter, der mit leicht misstrauischem Blick vorgetreten ist. Der Wächter stellt seine Picke an die Mauer und rollt das Schreiben auf. Nach mehrmaligen sorgfältigem Durchlesen tritt er zurück und klopft an das Tor. Dreimal schnell, zweimal langsam. Der junge Mann bekommt seine Papierrolle zurück und knarrend öffnet sich das Tor gerade soweit, dass eine Person hindurch kommt.~
~Die Verliebten lassen ihre Blicke noch einmal über die Zinnen der Mauer schweifen, ein paar Schatten dort lassen Bogenschützen erahnen. Dann zwängen sich beide durch den Spalt und das Tor fällt wieder mit einem dumpfen Laut zu. Ein Wächter auf der anderen Seite, genauso gekleidet wie diejenigen vor dem Tor schiebt den schweren Eichenriegel wieder an seine Stelle. Die Beiden laufen weiter an den Häusern vorbei, nur dass es hier keine Holzhütten sind, sondern stattliche Anwesen aus Stein. Auch ist die Straße nun gepflastert. Vor einem solchen Anwesen, das trotz der späten Stunde erleuchtet ist bleiben sie stehen. Auf der Straße kann man hören, dass dort ein Fest gerade in vollem Gange ist, Musik und Stimmengewirr klingen heraus.~
Posted: Wed Oct 10, 2007 11:35 am
by Q-wert
Vor einer halben Generation: Etwas später:
~In dem für ein städtisches Haus weitläufigen Ballsaal spielt die Musikantengruppe, die auf einem Holzpodest steht, fröhliche Musik zu der ein halbes Dutzend Paare kreuz und quer durch die Mitte des Raumes wirbeln. Abseits stehen ein paar mehr, allesamt nobel gekleidete, Leute in Grüppchen zusammen, plaudern, lassen sich von den Dienern ein Glas Wein oder einen kleinen Happen nach dem anderen holen, oder sehen den Paaren beim tanzen zu. An den Wänden des Raumes brennen viele Kerzenleuchter , die das meiste Licht ausmachen. Zwischen den Lichtspendern sind einige Trophäen an der Wand aufgereiht. Schilde und Waffen verschiedener Herkunft, Wolfs- und Pantherfelle und über dem Kamin, der hinter den Musikanten warmes Licht verbreitet, zwei ausgestopfte Trollköpfe.~
~Nach ein paar Minuten kommen drei Leute die Treppe herunter. In der Mitte und etwas voraus läuft ein älterer, hochgewachsener Mann mit vollem, aber kurzgeschnittenem grauen Haar. Er trägt weitgeschnittene und mit Stickereien reich verzierte blaue Stoffkleidung, die seine Statur weitgehend verhüllen. An seiner Seite schwingt ein Zierrapier zu seinen Schritten. Flankiert wird er von einer jungen, stämmigen Frau und einem breitschultrigem Mann, die Gesichtszüge der beiden ähneln sich. Beide tragen einen finsteren Gesichtsausdruck, grobe Lederkleidung und jeweils ein schweres Bastardschwert auf dem Rücken zur Schau. Als die drei den Raum betreten wird ihnen fast ehrfürchtig Platz gemacht. Der alte Mann gibt der Kapelle ein Zeichen, darauf klingt die fröhliche Melodie aus, die Tanzenden mischen sich unter den Rest der Leute und die Gespräche im Raum verstummen. Nur ein Flüstern hier und dort stört die Stille als das Trio in die Mitte des Raumes läuft. Dann hebt der in blauen Stoff gehüllte alte Mann in einer Übertriebenen Geste die Hände und beginnt mit lauter und klarer Stimme zu sprechen.~
„Werte Kaufleute, werte Adelige! Wir sind hier in meinem Haus zusammengekommen um das Ende eines guten und den Anfang eines verheißungsvollen Jahres zu feiern. Ganz herzlich möchte ich zwei junge Menschen begrüßen, die heute und hier nach alter Tradition der Serinjah den Bund der Partnerschaft eingehen wollen. Amla aus dem Hyäneklan und Masilo Schneider aus unserer schönen Stadt mögen vortreten.“
~Das besagte Paar tritt Hand in Hand vor, es ist genau das selbe, welches vor kurzem das Tor passiert hat. Lervo, oder Masilo Schneider trägt nun einen eleganten dunkelgrauen Anzug. Ein sehr aufmerksamer Beobachter kann eine kleine Wölbung der Hose knapp oberhalb der hohen Lederstiefel erkennen. Die junge Serinjah, Amla trägt eine feingeschneiderte Lederkleidung, die ihren durchtrainierten Körper betont, und einen verzierten Langbogen mitsamt Köcher über dem Rücken. Beide verbeugen sich vor dem alten Mann, dann beginnt Lervo mit feierlicher Stimme zu sprechen~
„Hiermit verspreche ich, dass für die Zeit der Partnerschaft, mögen die Götter sie ewig Bestand haben lassen, ich Amla stets mit Rat, Zuneigung, Klinge und Tat zur Seite stehen werde“
~Er schenkt ihr ein strahlendes Lächeln, welches sie erwidert und antwortet~
„Mit diesen Worten verspreche ich, dass für die Zeit unserer Partnerschaft, möge sie unter Siranis Schutz stehen, dass ich Masilo zu aller Zeit mit Worten, Liebe, Bogen und allen mir möglichen Taten Schutz geben werde.“
~Der alte Mann lächelt gütig, sogar die finstere Mine in den Gesichtern seiner zwei Begleitpersonen ist ein wenig aufgetaut. Dann erhebt er wieder seine klare Stimme~
„Möget ihr auch meinen Segen sowie dieses Geschenk für eure Bindung haben“
~Er reicht den Beiden eine Papier- und eine Lederrolle und einen klimpernden Geldbeutel, klatscht dann in die Hände~
„Und nun, lasst uns feiern! Musik!“
~Kaum ist er mit diesen Worten am Ende, herrscht wieder der selbe Trubel wie vor der Zeremonie. Amla und Lervo alias Masilo ziehen sich unter einen Kerzenleuchter zurück und inspizieren die „Geschenke“. Amla rollt vorsichtig die Lederrolle auf, grinst und tuschelt etwas zu Lervo. Es ist ein Satz vortrefflicher Ditriche. Lervo hat wärenddessen mit flinken Fingern das Geld durchgezählt, fünfundvierzig Silberstücke sind es an der Zahl. Lervo reicht Amla den Beutel, sie befestigt ihn und die Lederrolle sogleich an ihrem Gürtel. Schließlich rollen sie gemeinsam die Papierrolle auf.~
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Werte Geschäftspartner,
es ist erfreulich, dass im letzten Jahr kein einziger unserer Wagen
in eurem Zuständigkeitsgebiet verlorengegangen ist, während die
Konkurrenz über bittere Verluste klagt. Die jährliche Bezahlung
wird als Händlerkarren getarnt, wenn der Mond Übermorgen am
höchsten steht, in die Schlupfgasse kommen. Dreißig Silberlinge
aus dem Beutel mögt ihr bitte an meinen Freund bei euch
weiterleiten, den Rest könnt ihr behalten. Auch steht es euch frei
die Baronin Votallia zu entführen, wenn es niemand mitbekommt.
Die Wächter an dem kleinen Tor hinter meinem Anwesen werden
euch nicht behelligen.
Ich hoffe auf weitere gute Jahre Zusammenarbeit,
Trellus Trannes,
Vorsitzender der Nordgynkesischen Handelsgilde.
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~Niemand konnte am Ende dieses Abends sagen, wann das seltsame Liebespaar gegangen war und ebenso wurde die reiche Baronin Votallia vermisst, nach zwei Tagen war sie wieder aufgetaucht und Zungen hinter vorgehaltener Hand sprachen von Lösegeld. Von den kommenden Ereignissen in der Schlupfgasse wurde nichts bekannt.~
Posted: Wed Oct 10, 2007 7:09 pm
by Q-wert
11. Chos 22
~Die ersten Sonnenstrahlen streifen über die Spitzen des Ogergebirges. Das Tal, welches sich das Flüsschen in jahrtausendlanger Arbeit geschaffen hat liegt noch dunkel im Nebel da. Erhöht auf einem kleinen Vorsprung über dem Flusslauf kauert Lervo. Seine sonst gut geölte Kettenrüstung ist verrußt, der schwarze Mantel angebrannt und nicht mehr so bodenlang wie früher und die Stickerei darauf kaum noch zu erkennen. Wie um das Bild der Niedergeschlagenheit vollkommen zu machen, hat er seitlich auf seinem kahlen Kopf einen prächtigen, alle Farben des Regenbogens aufzeigenden blauen Fleck.~
Ihm tat alles weh. Sein Kopf, der Rücken, der Nacken, die Knochen. Obwohl ihn vorhin ein Ogermagus fast in eine lebende Fackel verwandelt hätte war es bitterkalt. In Gynk war es zu dieser Jahreszeit nie so kalt gewesen. Er war auf die Insel gekommen um seinen Ruhestand zu genießen, aber so wurde das nichts. Nicht wenn irgendein dahergelaufener Krieger meinte ihn umbringen zu müssen, ein Idiot ihm einen Baum auf den Kopf fallen ließ und Oger auf einmal anfingen zu zaubern. Am besten sollten alle Oger denen diese für Außenstehende meist sehr schmerzhafte Kunst geläufig war ausgelöscht werden, so dass es keine neuen mehr geben würde. Am besten gleich alle Magier... und allen voran dieser hochnäsige Elderberry. Immer diese Wunschdenken, die völlig unerfüllbar waren, sind. Er sollte sich lieber auf den Weg unter ihm konzentrieren.
~Mit nicht überhörbaren Schritten kommt ein Oger unter ihm entlanggestampft. Lervo beugt sich vor um ihn einzuschätzen. Es ist ein ganz normaler, zweieinhalb Meter hoher, Muskelbepackter mit riesiger Keule, also kein Magier. Mit einer für seine Ohren viel zu laut klingenden Bewegung aufgrund der Rüstung, deren Schmieröl verbrannt ist, huscht Lervo an die Kante des Vorsprungs und schwingt sich über den Rand. Elegant, aber so laut, dass der Oger es hören kann kommt er zwei Meter tiefer im Kiesbett auf. Der Oger grunzt etwas und hebt seine Keule, Lervo zieht seine abgenutzten, aber immer noch guten vergifteten Dolche aus seinen hohen Lederstiefeln und geht in Kampfstellung, einen Dolch mit der Klinge nach oben nach vorne ausgestreckt, den Anderen mit der Klinge nach unten an der Hüfte. Mit einem weit ausholendem Schlag saust die Keule auf den Mann hinab. Dieser dreht sich flink zur Seite, bringt einen Stich auf den rechten Fuß des Ogers an, springt zwischen den Beinen hindurch, rollt sich ab und rammt beide Dolche in die Nierengegend als der Hüne sich wütend umdreht. Der pensionierte Dieb kann sich gerade noch so vor dem aus der Drehung geführten Hieb der Keule wegdrehen, dass sie ihn nur leicht streift. Während der Oger wieder weit mit der wuchtigen Keule ausholt bringt der flinke Mann erneut ein paar Stiche mit den vergifteten Dolchen an, bevor die Keule mit viel Wucht erneut in den Boden neben den zur Seite gesprungenen Mann donnert. So geht das Ganze noch etwas weiter, die Bewegungen des aus vielen Stichen blutenden Ogers werden zusehends langsamer, Lervo wird ein paar mal von der Keule gestriffen. Schließlich springt Lervo an dem Oger hoch, als der muskelbepackte Bergbewohner sich nach unten beugt um die Keule wieder hochzureißen. Der geschickte Mann rammt seine Dolche links und rechts des Halses bis zum Heft hinein und springt vom heraussprudelnden Blut benetzt zurück. Der Oger macht noch zwei wankende Schritte, fällt dann wie ein gefällter Baum um. Der kleine Kämpfer tritt an den großen Leichnam und zieht die Dolche wieder aus dem Hals. Er durchsucht den groben Ledergürtel und steckt sich ein paar Münzen in den lädierten Mantel.~
Vier Oger. Das sollte fürs Erste reichen, jetzt tat ihm wirklich alles weh UND er brauchte verdammt noch mal ein warmes Feuer. Nun, mit diesen Riesen zu üben war zwar interessant, aber nicht unbedingt eine großartige Geldquelle. Er sollte wieder den Goblinstamm bei der Ruine nahe an den Untergang bringen, das hatte sich wenigstens gerechnet. Oder er könnte wieder schneidern... oder Schatzsuchen. Nun, er war im Ruhestand und wollte keinem Geld mehr hinterher rennen. Hm. Das war schon ein komischer Ruhestand, wenn er Oger töten ging, gelegentlich in Bane jemanden um ein paar Kupfer erleichterte und dann noch bei irgendwelchen Racheaktverschwörungen dabei war. Anscheinend konnte er einfach nicht anders. Aber wenn man die Kälte und ein paar Leute ausnahm, die ihm unbedingt Probleme machen mussten, war es ein sehr unbeschwertes Leben... er brauchte jetzt wirklich ein Feuer, sonst würde er noch als Eisklotz den Bach hier runter in die Wüste schwimmen, die auch nicht viel wärmer war...
~Er nimmt eine Wurst aus einer der Innenmanteltaschen und schlendert das nebelverhangene Kiesbett des Flüsschens zurück in Richtung Varshikar während er das kalte Fleisch genüsslich verspeist. Bald ist er in den grauen Nebelschwaden verschwunden.~
Posted: Thu Nov 29, 2007 5:06 pm
by Q-wert
13. Ronas 23
~Es war dunkel. Es gab so wenig Licht, dass ein normales Auge nichts hätte wahrnehmen können. Doch der Schatten, der kurz vortastend, dann in den nächsten Vorsprung eilend durch die Schwärze huschte brauchte seine Augen nicht. Es gab Gerüche. Süßlich der Abfall in verschiedenen Stadien der Verwesung, ein Hauch von Salz und der stechende Unterton von Jauche aus dem Wasser, die Ausdünstungen größerer, gefährlichen Wesen und ihren langen klebrigen Fäden, bei denen Berührung den Tod bedeutete. Es gab einen ganz sachten Luftzug, der die Gerüche herantrug, Nischen und Wände verriet. Es gab Geräusche. Leises Glucksen von dem Wasserlauf hallte von den Wänden wieder, enthüllte dem Schatten den räumlichen Aufbau. Ein kaum hörbares Scharren warnte vor den Jägern, die vor nicht allzu langer Zeit unter den Artgenossen des voranhuschenden Wesens gewütet hatten, so dass es hier kaum noch welche seiner Art gab. Es war gefährlich, aber man brauchte keine Augen, es gab genug Sinne die dafür einsprangen.~
Achtung... Faden,
langsam darunter hindurchkriechen.
Kurz anhalten,
schnuppern.
Ja, markierte Stelle.
Lauschen.
Sicherheit.
Vorsichtig vortasten... abgeschürfte Kante.
Ein Stück die Schräge hinauf... Kante zwei,
rechts.
Fühlen,
erinnern.
Richtiger Weg.
Weiter...enger Tunnel.
Geräusche von Oben.
Schnuppern.
Ganz flüchtig ein gesuchter,
bekannter Geruch.
Vorwärts... links halten.
Lichtschimmer.
~Der Tag neigte sich dem Ende zu, aber noch stand die Sonne am Himmel über der Dreifingerbucht. Das Feuer schräg hinter dem Handwerkshaus brannte wie eh und je, Geräusche von Arbeit, Zischen von plötzlich abgekühltem Stahl, metallenes Hämmern von dem Schlagen auf den Amboss. Auf einem der langsam morsch werdenden Baumstämme rund um das Feuer sitzt ein kleiner Mann. Den Federhut hat er tief ins Gesicht gezogen, den Kragen seines mit einem schwarzen Raben bestickten Mantels hochgestellt. Die hohen Lederstiefel sind neu, aber man sieht dass er vor kurzem durch Schlamm gelaufen sein muss. Ein paar Dreckspritzer finden sich auch an der neuen schwarzen Hose und an dem elegant geschneidertem blauem Hemd.~
Versager- anders konnte er sich nicht bezeichnen. Eine Woche war er jetzt schon auf der Suche, hatte Erkundigungen eingeholt, Schlüsselpersonen gefragt, und das Ergebnis? Nur dass Saril dieser blinde Elf, der Magier und Schmied... was für ein Paradoxon... etwas weiß, aber nicht herausrücken will. Und das Ganze noch im Monat Ronagans, welch Hohn.
Enwell. Dabei sah es am Anfang so einfach aus ihn zu finden, und jetzt? Sollte er noch mehr aufgeblasene Krieger im Kampf ohne Rüstung besiegen? Nein. Es wurde Zeit, dass etwas geschah.
~In diesem Moment eilt eine graue Ratte aus Richtung angehender Sonnenuntergang herbei, kraxelt das Hosenbein des Mannes hinauf und setzt sich mit den Hinterbeinen auf den Oberschenkel und blickt ihr großes Gegenüber mit glänzenden Knopfaugen an. Der Mann grinst linkisch, greift in seinen Mantel und legt der Ratte ein Käsestück hin, worüber diese sich gleich mit Heißhunger hermacht. Als sie fertig ist, beugt der Mann den Kopf hinab und raunt dem Tier ein paar Worte zu, worauf es gleich mit einem für die Körpergröße gewagt aussehenden Satz von dem Oberschenkel herunterspringt und flink im Gras dem Blick entschwindet. Der Mann blickt nach dem einen Moment mit gerunzelter Stirn in das Feuer. Schließlich steht er auf, streckt sich und murmelt zu sich selbst:~
„Enwell, ich finde dich. Der Geist wird nicht enttäuscht sein.“
~Er zieht seinen Mantel enger, streift die Stiefel im Gras wieder einigermaßen sauber und schlendert um das Handwerkshaus außer Sichtweite.~